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Gesucht wird: Bildmaterial, Dokumente, Schaufensterdekoration, Erinnerungen rund um das Kaufhaus Tietz auf der Zeil und dessen Inhaber Gustav Gerst.
Gustav Gerst war Frankfurter Kaufmann, Mäzen, einziger Geldgeber für den Goetheturm. Als jüdischer Mitbürger wurden er und seine Familie enteignet, verfolgt und vertrieben. Das sind Ergebnisse einer umfangreichen Dokumentation, die eigentlich den Wiederaufbau des Goetheturms zum Thema hatte. Das Umweltdezernat will nun diese Ergebnisse zum Anlass nehmen, mehr über den Begründer des Kaufhaues Tietz auf der Zeil zu erfahren. Helfen sollen bei der Spurensuche auch Bürgerinnen und Bürger aus Frankfurt und dem Umland.
„Im Rahmen des Wiederaufbaus des Goetheturms sind wir bei Recherchen auf bisher unbekanntes Material, Fotos und beindruckende und erschütternde Dokumente zum Leben von Gustav Gerst gestoßen“, sagt Umweltdezernentin Rosemarie Heilig. „Wir wollen es nicht dabei belassen und tiefer graben. Ich bin sicher, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden noch einiges finden, aber auch mit Hilfe der Menschen aus Frankfurt und dem Umland werden wir auf bislang Unbekanntes stoßen.“
Hintergrund:
Kommerzienrat Gustav Gerst war 1919 zusammen mit seiner Frau Ella und deren Mutter von Bamberg nach Frankfurt gezogen. Vom Main aus wollte er die Kaufhäuser in Bamberg und Chemnitz verwalten und einen Neubau auf der Zeil planen. Bevor das Kaufhaus H&C Tietz 1929 eingeweiht werden konnte, machte er sich bereits als großzügiger Förderer und Mäzen der Stadt Frankfurt verdient. Unter anderem hat er der Goethe-Universität, dem Mitteldeutschen Kunst- und Gewerbeverein und dem Senckenberg Institut größere Zuwendungen gemacht. 1931 ermöglichte er allein mit seiner Spende allein den Bau des Goetheturms. All das, ebenso wie seine dramatische und leider viel zu kurze Frankfurter Biografie, ist weitgehend unbekannt. Nach 1933 waren er und seine Familie als jüdische Bürger erheblichen Repressionen ausgesetzt, von den Nazis erst gedemütigt und dann zur Flucht getrieben. Zuerst musste er die Kaufhäuser in Frankfurt, Chemnitz und Bamberg schließen Urkunden belegen ein von den Nationalsozialisten erzwungenes Konkursverfahren. Gerst und seine Familie mussten ihr Wohnhaus an der verlassen und alle Kunstwerke „freiwillig“ veräußern. Bis heute ist der Verbleib eines Rubens, eines Liebermanns und eines Spitzwegs nicht geklärt, ihr Verbleib nach der Auktion unerforscht. Auch der Umgang bezüglich seiner Forderungen zur Wiedergutmachung nach 1945 ist kaum in Ansätzen dokumentiert.
Unterstützt wird das Projekt von der Crespo Foundation, der Stiftung Polytechnische Gesellschaft, Gemeinnützige Hertie-Stiftung und des Kulturfonds RheinMain sowie dem Unternehmen Remondis. Am Ende der Spurensuche soll eine filmische Dokumentation und eine Veranstaltung im Institut für Stadtgeschichte stehen.
Stadträtin Heilig sagt: „Für unsere gemeinsame Spurensuche ist alles hilfreich, was uns nützt, uns der Geschichte dieser außergewöhnlichen Familie zu nähern.“ Besonders interessant dürfte alles rund um das Kaufhaus Tietz auf der Zeil 116-122 sein, das als modernster Kaufhausbau Frankfurts galt und sich in der kurzen Zeit bis zu seiner erzwungenen Schließung 1934 zum Magnet für die ganze Region entwickelte. „Das Kaufhaus Tietz hat seinen ganz eigenen Charakter gehabt und mit innovativer Werbe- und Schaufenstergestaltung ein Stück Kaufhausgeschichte geschrieben. Wir freuen uns über Fotos vom Haus, insbesondere der Schaufenster, kleine Erinnerungen – vom Kassenzettel bis zur Verpackung, Teile der Inneneinrichtung, Fotos von gekauften Waren, aber auch über Bilder oder gar Filme über die Familie Gerst“, erklärt Heilig. „Selbstverständlich freuen wir uns auch über Erzählungen von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen oder über Anekdoten von Vorfahren über das Kaufhaus. Besonders begeistert wäre ich als Umweltdezernentin natürlich auch über Dinge, die an das Engagement von Gustav Gerst bezüglich des Goetheturms, des Frankfurter Stadtwaldes und an den Mitteldeutschen Kunst- und Gewerbeverein oder an Senckenberg erinnern“, sagt die Dezernentin. „Die vertiefte Forschung und Dokumentation der Biografie des weithin unbekannten Frankfurters Gustav Gerst verdient einen viel größeren Nachdruck. Auch im Hinblick auf seinen 150. Geburtstag in diesem Jahr.“
Es wird gebeten, Erinnerungen, Materialien, Tagebuchaufzeichnungen oder sonstige Fundstücke digitalisiert per E-Mail an Gustav.Gerst.DezernatX@stadt-frankfurt.de zu senden.
PIA
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