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Israel und die Ukraine bedroht

Emmanuel Macron befahl Lieferung modernster Waffen nach Armenien

Schalom Aleikum, Lena Gorelik, Mich Abdoullahi, Shelly Kupferberg, Kreuzberger Himmel, Kreuzberger Initiative, Zentralrat

Armeniens Ministerpräsident Nikol Paschinjan (l.) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit Gattin. Foto: Archiv

Mit dem Zerfall der Sowjetunion begann der Konflikt um die Region Bergkarabach. Aserbaidschan sowie Armenien beanspruchen diese Region. Im Jahr 1991 haben die Vereinten Nationen und auch der Europarat Bergkarabach als Teil des aserbaidschanischen Staatsterritoriums anerkannt. Armenien allerdings war damit nicht einverstanden, so dass es immer wieder zu bewaffneten Auseinandersetzungen kommt. Während Aserbaidschan auf wirtschaftlichen und militärischem Gebiet starke Verbündete in der Türkei und in Israel fand, entstand auf der anderen Seite die Achse Jerewan-Moskau-Iran. Frankreich, in dem neben den USA die meisten Exilarmenier leben, die auch Einfluss auf die Politik zu nehmen versuchen, unterstützt entgegen den UN-Beschlüssen seit Jahrzehnten Armenien mit dessen Gebietsforderung gegen Aserbaidschan. Einen wirklich bedeutsamen Einfluss auf die Kaukasusregion gelang Frankreich jedoch nicht. 

 

In den vergangenen drei Jahren hatte sich der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan als politisches Gegengewicht zu Emmanuel Macron im östlichen Mittelmeerraum sowie im Südkaukasus gestellt und Aserbaidschan unterstützt. Während in der Türkei ein neues Parlament und der Staatspräsident gewählt wird entstand für eine kurze Zeit ein Machtvakuum. Amtsinhaber Erdogan verfehlte knapp die absolute Mehrheit. Es kommt zu einer Stichwahl zwischen ihm und seinem Herausforderer Kemal Kılıçdaroğlu, der ein Jahr in Frankreich gelebt hatte.

 

Macron stellt sich schon seit einiger Zeit gegen Beschlüsse der EU. Persönlich beauftragte er das französische Verteidigungsministerium jetzt 50 französische Schützenpanzer nach Eriwan zu entsenden und weitere Waffenlieferungen einzuleiten.

Noch im April 2023 reiste Frankreichs Außenminiserin Catherine Colonna in diese beiden Länder und forderte ein Ende der Kämpfe um Bergkarabach. Wenn nötig, meinte sie mit Blick auf Aserbaidschan, auch „mit Gewalt“. 

 

Eine Waffenlieferung an Armenien fasste die französische Regierung schon seit einiger Zeit ins Auge. Als der armenische Verteidigungsminister Suren Pailyan im September 2022 in Paris mit dem französischen Verteidigungsminister Sébastien Lecornu zusammentraf, vereinbarten beide die Aufnahme einer militärische Zusammenarbeit. Einen Vorwand für dieses Abkommen fanden sie in den wieder entfachten Grenzstreitigkeiten. Weil Aserbaidschan Bergkarabach als ein von der internationalen Staatengemeinschaft ihm zugesprochenen Gebiet in der Auseinandersetzung mit Armenien sich gegen Provokationen seines Nachbars auch mit Waffen wehrt, beschuldigte der französische Senat den schiitischen Staat als Kriegstreiber und verhängte Sanktionen gegen Aserbaidschan für aserbaidschanische Energieexporte in die EU. Dass kurz zuvor EU-Abgeordnete, unter ihnen EU-Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen in Baku und Bundeskanzler Olaf Scholz mit Präsident Ilham Aliyev in Berlin über umfangreiche Gaslieferungen verhandelt hatten und Aserbaidschan als einen „zuverlässlichen Partner der EU“ bezeichneten, ignorierte Macron dabei vollends. Spitzenpolitiker der Türkei und Israel, das wirtschaftlich und militärisch eng mit Aserbaidschan zusammenarbeitet, übten scharfe Kritik am französischen Alleingang. Auch die USA missbilligte den französischen Schritt und warnte eindringlich vor der Lieferung modernster Technologie nach Armenien. Es sei bereits ein offenes Geheimnis, dass diese über Armenien nach Russland gelangen oder nach Iran, wo dortige Ingenieure und Wissenschaftler die Spitzentechnik genauestens untersuchen, um sie dann als „iranische Entwicklungen“ nachzubauen.

 

Mit dem Inkrafttreten des Abkommens wartete Frankreich acht Monate lang. Im Mai 2023 setzte sich Emmanuel Macron gegen alle Widerstände hinweg und befahl den Start der Lieferung. Nicht nur Schützenpanzer werden geliefert, sondern demnächst auch Mistral-Luftabwehrraketensysteme um den israelischen und türkischen Drohnen entgegen zu treten, die von den aserbaidschanischen Streitkräften eingesetzt werden, und weitere Waffen. Auch ein Sortiment von APC, halbautomatischen und vollautomatischen Waffen gleicher Bauart, ist vorgesehen. 

 

Israel ist alarmiert. Bereits im vergangenen Jahr wies der israelische Experte Ron Ben Ishay auf die Fähigkeiten der iranischen Verteidigungsindustrie im Bereich Reverse Engineering hin, die westliche Militärausrüstung in alle Einzelteile zerlegen, sie untersuchen und nachbauen. Die Panzerabwehrrakete „Toophan“ ist zum Beispiel eine rückentwickelte amerikanische „TOW-Rakete“ zum Abschuss von präzisionsgelenkter Munition. Es gibt mehrere Beispiele dafür, dass Iran westliche Militärausrüstung erworben hat, sie zerlegte und eigene Kopien herstellt und erfolgreich zum Einsatz bringt. Solche nach westlicher Hochtechnologie nachgebauten „iranische“ Drohnen setzte Armenien im letzten bewaffneten Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan ein. Auch Russland verfügt gegenwärtig über diese iranischen Drohnen, die Putins Armee in der Ukraine zum Einsatz brachte und auf ihre Fähigkeit austestet. 

 

Die europäische Staatengemeinschaft ist entsetzt. Französische Waffen in armenischen Händen ist nicht nur eine Bedrohung für Aserbaidschan, sondern durch die enge politische und militärische Verbundenheit Eriwans mit Moskau und Teheran auch eine Bedrohung für die Ukraine wie für Israel und die westliche Welt. Iran beliefert seit langem verschiedene Terrororganisationen mit Waffen, darunter die Hisbollah oder den „Palästinensischen Islamischen Dschihad“, der immer wieder Raketen auf Israel abfeuert. Dass nur wenige Menschen getroffen werden, ist das Ergebnis technologischer Errungenschaften US-amerikanischer und westeuropäischer Raketensysteme, deren Zusammensetzung in allen Einzelheiten nur Wenigen bekannt ist. Wenn jetzt jedoch Iran Zugang zur französischen Waffentechnologie erhält, ist dies vor allem auch eine Bedrohung des jüdischen Staates, den Iran vernichten will. 

 

Die Bedrohung ist real und bedeutet zugleich einen weiteren Kollisionskurs zwischen Frankreich und Israel. Für die westliche Welt ist diese Lieferung modernster Technologie nach Armenien auch eine Umgehung des Waffenembargos gegen Iran und Russland. Seit mehreren Jahren spielt Armenien hierbei eine Schlüsselrolle. Über Armenien gelangt moderne Technologie und unterschiedlichste Ware nach Russland und Iran, die auf der Einfuhrliste verbotener Güter stehen.

 

Gegenwärtig sind Aserbaidschan und Armenien mit Hilfe Russlands wieder an den Verhandlungstisch zurück gekehrt. In Moskau erklärte Armeniens Regierungschef Nikol Paschinjan Ende Mai 2023 unter bestimmten Bedingungen die Souveränität Aserbaidschans auch über Berg-Karabach anerkennen zu wollen. Doch hagelt es Kritik, vor allem aus den eigenen Reihen sowie aus der armenischen Diaspora. Bis zu einem Friedensvertrag scheint es nach wie vor noch ein weiter Weg zu sein. 

Alex Kogan

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