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Im Oktober führte die Islamische Revolutionsgarde großangelegte Manöver an der aserbaidschanischen Grenze durch.
Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Und der Freund meines Feindes ist mein Feind. Nach dieser Logik scheint der Iran aktuell seine Außenpolitik auszurichten. Im Konflikt zwischen Israel und dem Iran gibt es leider weiterhin nicht viel Positives zu berichten. Im Atomstreit gibt es keine nennenswerte Fortschritte und auch sonst spitzt sich die Lage zu.
Inzwischen muss der Konflikt breiter gedacht werden, denn er beschränkt sich nicht nur auf den Nahen Osten. Offensichtlich versucht der Iran zunehmend Stellvertreterkonflikte für sich zu gewinnen, mit denen das Mullah Regime Israel Schaden zufügen kann.
Aserbaidschan ist Israels größter Energielieferant, zudem grenzt das muslimisch geprägte Staatsterritorium im Süden an den Iran. Die iranische Führung in Teheran macht Israel für die anhaltenden Proteste innerhalb der iranischen Bevölkerung nach dem Tod von Mahsa Amini verantwortlich. Es bezichtigt den jüdischen Staat der Spionage, angeblich hätten von aserbaidschanischem Territorium aus israelische Kräfte iranische Kreise unterwandert und zu den Protesten aufgestachelt.
Aserbaidschan, das autokratisch regiert wird, ist ein muslimischer Staat in dem die Unterdrückung der Menschenrechte im Land viele Fragen aufwerfen. Andererseits ist Aserbaidschan ein säkulares muslimisches Land, in dem islamistische Bestrebungen bekämpft werden. Dem schiitisch-theokratischen Regime in Teheran ist das ein Dorn im Auge, ebenso wie die Kooperation mit Israel. Bis heute leben viele Juden unbehelligt in Aserbaidschan.
Armenien und Aserbaidschan befinden sich seit Jahrzehnten im Krieg. Hauptsächlichster Streitpunkt ist das Gebiet Bergkarabach, das beide Länder für sich beanspruchen. In unregelmäßigen Abständen werden mit internationaler Beteiligung Waffenstillstände abgeschlossen, die immer wieder gebrochen werden. Im September kam es erneut zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Durch den Druck der Vereinten Nationen und der EU kam es zu einem Waffenstillstand. Bereits dreimal hatte EU-Ratspräsident Charles Michel in diesem Jahr die beiden Premierminister Armeniens und Aserbaidschans zu Gesprächen in Brüssel zusammengebracht. Traditionell betrachtet sich Russland als Schutzmacht Armeniens. Trotz seiner territorialen Nachbarschaft büßt Russland, das durch den Ukraine-Krieg nicht nur militärische, sondern auch wirtschaftliche Verluste erleiden musste, in seiner Einflusszone in Zentralasien sowie im Kaukasus zunehmend sein Machtpotenzial ein.
Im Zuge des Ukraine-Kriegs und den Bestrebungen Deutschlands und der EU den Energiesektor zu diversifizieren, ist auch Aserbaidschan in den Fokus geraten. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Energiekommissarin Kadir Simson verhandelten zum Beispiel in den vergangenen Monaten über höhere Gaslieferungen an die EU und lobten in Baku Aserbaidschan als einen zuverlässigen Partner der EU. Nach Bulgarien liefert Aserbaidschan ab diesem Herbst zum Beispiel eine Milliarde Kubikmeter Gas durch eine neue 182 Kilometer lange Fernleitung, die das Balkanland an das griechische Gas-Netz anschließt. Um noch unabhängiger von der russischen Energieversorgung zu werden, vereinbarten von der Leyen und Kadir Simson mit Aserbaidschan eine Verdoppelung der bisherigen jährlichen Lieferung von 8,1 Milliarden Kubikmeter Gas auf 12 Milliarden. Bis 2027 soll diese auf 20 Milliarden Kubikmeter anwachsen.
Auch im Bereich „Erneuerbare Energien“ planen die EU und Aserbaidschan eine engere Zusammenarbeit. Bei Offshore-Windenergie und grünem Wasserstoff habe das Land, so von der Leyen, ein „enormes Potential“ und werde sich von einem Lieferanten fossiler Brennstoffe zu einem wichtigen Partner für erneuerbare Energien entwickeln. Dieses Engagement der EU ist neben der Intensivierung des Ausbaus der wirtschaftlichen Zusammenarbeit auch ein politisches Signal, die internationalen Beziehungen mit dieser Region weiter zu stärken.
Armenien und seine Verbündeten Russland und Iran sind über diese Entwicklung beunruhigt, denen geopolitisch die West-Ost-Achse (USA, Türkei, Israel, Georgien, Aserbaidschan) gegenüber steht.
Der Iran fährt indes eine Einschüchterungs- und Propagandastrategie. So lassen die im Oktober großangelegten Truppenmanöver der Islamischen Revolutionsgarde sowie der regulären iranischen Armee vor dem aserbaidschanischen Grenzgebiet eine nahende Eskalation befürchten. Offenbar zielt das gegenwärtige iranische Interesse auf die aserbaidschanische Exklave Nachitschewan ab, berichtet der einflussreiche aserbaidschanische Telegram-Kanal AZfront. Dies sei als direkte Antwort auf die politische Einmischung Israels im Iran zu verstehen, äußerten sich mehrere hohe iranische Würdenträger. „Die Botschaft dieser Übung an die Übeltäter des Systems ist, dass jede Handlung, die den Interessen der Islamischen Republik schadet, einen hohen Preis für die Feinde nach sich ziehen wird“, äußerte beispielsweise der iranische Parlamentsabgeordnete Mohammad Safaei.
Auch der Ukraine-Krieg begann mit einem Manöver an der Grenze. Aserbaidschan befürchtet einen Angriff des Irans, dessen Propagandafeldzug bereits voll im Gang ist. Iranische TV-Sender behaupten zum Beispiel, die Bevölkerung in der aserbaidschanischen Exklave Nachitschewan würde sich danach sehnen Bürger des Irans zu werden. Ähnlich verlief auch die russische Propaganda kurz vor der Annektion der Krim. Aserbaidschan ist jedoch nicht wehrlos. Seit 2016 importiert es seine Waffen, unter anderem auch Drohnen, vorwiegend aus Israel.
Ende September hatte die Iranische Revolutionsgarde Kurdengebiete im benachbarten Irak mit Waffengewalt angegriffen, unter anderem kamen iranische Drohnen zum Einsatz. Nach dem Tod der kurdischen Iranerin Mahsa Amiri in Teheran protestierten Menschenrechtler auf der ganzen Welt. Die EU hat inzwischen Verantwortliche der iranischen Sittenpolizei und Cybereinheit der Revolutionsgarden auf die Sanktionsliste gesetzt. Ungeachtet dessen führt der Iran seinen aggressiven Kurs fort.
Twitter Link in deutscher Übersetztung: „Das iranische Fernsehen überträgt Militärübungen entlang des Flusses Araks mit folgendem Kommentar auf Aserbaidschanisch: „O Israel und Aserbaidschan! Öffnet eure Augen. Das ist die iranische Armee. Wir werden den Araks überqueren.“.
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