Dokumente der Nürnberger Prozesse

Kurz vor der Auktion noch nach Berlin geholt

Rabbiner Yehuda Teichtal mit einem Original-Dokument aus dem Anklagematerial der Nünberger Kriegsverbrechersprozesse.        Foto: Chabad Lubawitsch
Rabbiner Yehuda Teichtal mit einem Original-Dokument aus dem Anklagematerial der Nünberger Kriegsverbrechersprozesse.        Foto: Chabad Lubawitsch

Chabad Lubawitsch präsentiert im Jüdischen Bildungszentrum Berlin zur Zeit etwas ganz Besonderes. Anlässlich des Internationalen Holocauststages am 27. Januar werden 20 Original-Dokumente in einer kleinen Ausstellung gezeigt, die einst zum Anklagematerial der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse gehörten.

 

Lange Zeit galt das Material als verschollen. Doch nun sind 500 Dokumente, handschriftliche Verhörprotokolle, Memoranden, Briefe, die sich führende Nationalsozialisten wie Hitler und Göring schrieben, Besprechungsprotokolle und viele weitere Nazi-Dokumente wieder aufgetaucht. Auf einem Flohmarkt in Jaffa in Israel entdeckte Schnäppchenjäger Tomer Pratt ganz zufällig eine Kiste mit diesen Dokumenten. Jetzt sollen sie versteigert werden. „Wir wissen nicht genau, wie sie auf den Markt in Jaffa gelangten“ erklärt Eran Reiss vom Auktionshaus Kedem, „aber wir wissen, dass sie Isaak Stone gehörten, der das Berlin Document Center leitete, in welchem nach dem 2. Weltkrieg die Archive des Deutschen Außenministeriums und der Nationalsozialistischen Partei aufbewahrt wurden“. Dieses Center entstand nach 1945 in Berlin, um an einer zentralen Stelle sämtliche Unterlagen aus der NS-Zeit zu sammeln und aufzubewahren. Bis 1994 war es unter US-amerikanischer Verwaltung und kam danach in den Bestand des Bundesarchivs der Bundesrepublik Deutschland. Isaac Stone ging später nach Israel, wo er 1974 starb. Einen Teil der historisch wertvollen Unterlagen, die der Oberstaatsanwalt der Nürnberger Prozesse als Beweise nutzte, hatte er mitgenommen. Die andere Hälfte befindet sich im Besitz des Holocaust- Museums der USA. Doch wem gehören diese Dokumente? Die Frage nach der Provenienz wurde nicht gestellt. Das Auktionshaus, so Vertreter Reiss, hat sich bei der Begutachtung der Dokumente lediglich um die Authentizität gekümmert. Ansprüche hat das Bundesarchiv bisher nicht gestellt.

 

Sehr schnell, bereits am 29. Januar, sollen die Papiere, unter ihnen auch ein Testament Hitlers, sowie mehrere Übersetzungen der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse, in Jerusalem einzeln versteigert werden. „Es ist das erste Mal, dass solches Material offen verkauft wird“, sagt Eran Reiss vom Auktionshaus.

 

Noch kurz vor dieser Auktion macht der Vorsitzendes des Jüdischen Bildungszentrums Chabad Lubawitsch Berlin, Rabbiner Yehuda Teichtal, die deutsche und internationale Öffentlichkeit auf diesen Vorgang aufmerksam, in der Hoffnung, dass die Dokumente „an einem Ort landen, wo weiter geforscht wird“. Nur wenigen Instituten ist bisher der Fund und der Termin der baldigen Versteigerung bekannt. Dabei, so Rabbiner Teichtal, ist „es wichtig, über die Vergangenheit Bescheid zu wissen und daran zu erinnern. Deshalb nehmen wir die Gelegenheit wahr, diese Dokumente der Öffentlichkeit vorzustellen“.

 

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