JÜDISCHE MUSEEN IM WANDEL

JUDENTUM NICHT AUF DEN HOLOCAUST BESCHRÄNKEN

„Judentum darf sich nicht nur auf den Holocaust beschränken" fordert Dr. Dieter Graumann, Vizepräsident des Europäisch-Jüdischen-Kongresses und Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland. Seit mehr als 2.000 Jahren leben Juden in Europa, zuerst im Mittelmeerraum, später auch in Westeuropa. Nachgewiesen ist ein blühendes jüdisches Leben Anfang des 4. Jahrhunderts in Köln. 321 schickte der römische Kaiser Konstantin dem Magistrat der Stadt ein Dekret über die Kehilah. Das ist der älteste bekannte Hinweis auf die Existenz jüdischer Gemeinden in den germanischen Provinzen des römischen Reiches. 

Die Installation von Menashe Kadisman „Schalechet – Gefallenes Laub“ ist eine Erinnerung an die Opfer der Schoa.
Die Installation von Menashe Kadisman „Schalechet – Gefallenes Laub“ ist eine Erinnerung an die Opfer der Schoa.

Doch betritt man das zentrale „Jüdische Museum“ Deutschlands, das in Berlin steht, so erhält man als erstes Informationen über den Holocaust. Architektonisch gesehen ein Meisterwerk, hat Architekt Daniel Libeskind es verstanden, mit seinem Bau eine bedrückende Atmosphäre zu schaffen, die Assoziationen an die Vernichtung jüdischen Lebens wecken soll, an das Grauen der Schoa. Eine Achse führt zum „Turm des Schreckens“, der an die grausame Ermordung wehrloser Juden erinnert, eine andere zur „Achse des Exils“ oder zum „Holocaust-Turm“. In Nischen ausgestellt sind Gegenstände, die an die Ermordung von Millionen jüdischer Männer und Frauen, Kindern und Greisen erinnern.

 

Erst dann, wenn man diesen Teil des Museums passiert hat, erreicht der Besucher über eine Treppe die eigentliche Ausstellung, die gut gegliedert mit zahlreichen, darunter auch einigen sehr seltenen Originalen, vom jüdischen Leben in Deutschland seit dem frühen Mittelalter bis heute erzählt und Kunde gibt von den großartigen Leistungen jüdischer Dichter, Philosophen und Musikern, Film- und Theaterschaffenden, von Wissenschaftlern, Ärzten, Forschern und Erfindern, die untrennbarer Teil des deutschen Wissenschafts- und Kulturlebens wurden. Chronologisch geordnet wird in der Ausstellung auch von den Schrecken der NS-Diktatur berichtet, von Entrechtung, Verfolgung, Ermordung und erzwungener Emigration. Ein weiterer Abschnitt gibt Einblicke in die jüdische Renaissance nach 1945 in Deutschland und den Aufbau einer modernen jüdischen Kultur.

 

Als erstes werden dem Museumsbesucher Juden als Opfer präsentiert 

Vergleicht man jedoch die einzelnen Abteilungen, so ist der Abschnitt über den Holocaust bei Weitem der größte. Neben Informationen über den Nationalsozialismus, seine Verbrechen und den Holocaust, appelliert das Museum hier auch an die Gefühle der Besucher, die Angst und Bedrücktheit spüren sollen. Doch ist es wirklich richtig, mit der Erinnerung an den Holocaust zu beginnen, zumal die Ausstellung später, in einem eigenen Themenkomplex, diese Epoche wissenschaftlich detailliert vorgestellt wird?

JM Berlin: In Nischen ausgestellt sind Erinnerungsstücke von Holocaustopfern.
JM Berlin: In Nischen ausgestellt sind Erinnerungsstücke von Holocaustopfern.

 

In Warschau entsteht Europas größtes jüdische Museum

Eine völlig andere Ausstellungskonzeption verfolgen polnische Museumsleute. In Warschau wird 2012 der Bau des zentralen „Museum der Geschichte der polnischen Juden“ fertig gestellt. Es steht genau im Zentrum des ehemaligen Warschauer Ghettos, gegenüber dem Denkmal, das den Helden des Ghettoaufstandes gewidmet ist und vor dem einst Willy Brandt in tiefer Demut nieder kniete, die Schuld Deutschlands anerkennend um Vergebung warb.

 

Vor dem Überfall Nazi-Deutschlands im Jahr 1939 lebten rund 3,5 Millionen Juden in Polen. Den Holocaust überlebten lediglich 280.000, von denen die meisten nicht mehr nach Polen zurückkamen oder vor weiteren Pogromen ins Ausland flüchteten. Eine Abteilung im Museum wird darüber ausführlich informieren. Doch, so Direktor Jerzy Halbersztadt, geht es „darum, zu zeigen, dass Juden hier mehr erlebt haben, als den Holocaust“.

 

Symbolischer Gang durchs Rote Meer

Während das vor zehn Jahren erbaute Gebäude des Berliner Museums Stein gewordene Erinnerungsstätte der Schoa wurde, symbolisiert der Bau des neuen Museums in Warschau die gesamte Breite der Geschichte des jüdischen Volkes, die mit dem Durchzug durchs Rote Meer vor mehr als dreitausend Jahren begann. Auf dem ersten Blick wirkt das Museum von Außen wie ein in sich geschlossener Kubus, doch beim genaueren Hinsehen entdeckt man eine Spaltung, die sich durch das gesamte Gebäude zieht. Der Besucher durchschreitet ein Tal, zwei 40-Meter hohe Wände wirken wie zwei zu Stein gewordene Wellen. Die plastisch in sich gewundenen Betonmauern sollen Assoziationen an das geteilte Meer wecken und an die wunderbare Rettung der Israeliten, eine Idee der beiden finnischen Architekten Rainer Mahlamäki und Ilmari Lahdelma.

 

Eine europäische Aufgabe

In Deutschland sind die Errichtung und der Erhalt jüdischer Museen, die hauptsächlich vom Staat, dem jeweiligen Land und der Stadt finanziert werden, vor allem eine nationale Angelegenheit. Der Bau des Jüdischen Museums Warschau dagegen ist, wie der frühere polnische Außenminister Wladyslaw Bartoszewski bei der Grundsteinlegung betonte „eine europäische Aufgabe“, soll doch dort „die Rolle der Juden aus Polen und ihrer Nachfolger in der Kultur und Zivilisation der ganzen Welt“ gezeigt werden.

 

Entstanden ist das Projekt aus einer Idee des ehemaligen Direktors des Washingtoner Jüdischen Museums Shaike Weinberg s.A., der in Warschau geboren wurde. Ein internationaler Förderkreis begeisterte sich für den Bau, für den Sponsoren wie der US-Multimillionär Victor Markowicz neben vielen anderen Privatpersonen aus der ganzen Welt große Summen spendeten. Auch aus Deutschland kam Unterstützung, allein die Bundesregierung half mit 5 Mio. Euro. Die Baukosten finanzieren die polnische Regierung und die Stadt Warschau, während für die Sammlung und die zukünftige Ausstellung Juden aus der ganzen Welt aufkommen. Schirmherren sind die Präsidenten von Polen und Israel. Zwei finnische Architekten, Rainer Mahlamäki und Ilmari Lahdelma entwarfen die Pläne, die Fachbauleitung übernahm das in London ansässige Ingenieurbüro Ove Arup, das auch schon das George Pompidou Center in Paris sowie den Tunnel zwischen Frankreich und Großbritannien baute. Architekt Henryk Isenberg aus Frankfurt am Main wurde mit dem Investment Consulting beauftragt. „Im Warschauer Ghetto waren meine Eltern vom ersten bis fast zum letzten Tag seines Bestehens kaserniert und jahrelang terrorisiert“ erinnert er sich, während der Liquidierung des Ghettos ist ihnen die Flucht gelungen. Diesem Umstand verdanke ich mein Leben."

 

Ihm wie auch anderen, ist der Aufbau des „Museums der Geschichte der polnischen Juden in Warschau“ eine Herzensangelegenheit. Begeistert ist Isenberg auch von der Idee der finnischen Architekten, im Eingangsbereich Säulen aus Glas aufzustellen, die wie Bäume wirken. „Dicht bewaldet, fast undurchdringlich war das frühe Königreich Polen, als die ersten Juden ins Land kamen“, erzählt er. Dann zeigt er einen 10-Zloty Schein, auf dem die erste polnische Münze abgebildet ist, „schauen Sie genau hin, es sind hebräische Buchstaben, die zugleich Zahlen sind.“ Es waren jüdische Kaufleute, die entscheidend zum Aufbau des polnischen Staates und seiner Geldwirtschaft beitrugen. Das alles kann man demnächst im neuen Museum bestaunen, das vier Etagen hoch ist.

 

Ein Bildungsinstitut mit koscherem Restaurant und Raum für jüdische Hochzeiten

Die Eröffnung ist im April 2013 geplant, anlässlich des 70. Jahrestages des Warschauer Ghettoaufstandes. Dann wird es in Polens Hauptstadt zwei jüdische Museen geben, das „Jüdische Historische Institut“, das anstelle der Judaistik-Bibliothek kurz nach dem Ende des 2. Weltkrieges wieder aufgebaut wurde und auch das gerade entstehende „Museum der Geschichte der polnischen Juden“. Neu ist, dass neben der ständigen Ausstellung, die über 900 Jahre jüdisches Leben in Polen berichtet, auch der Besucher, so die Kommissarische Museumsdirektorin Agnieska Rudzinska, „mit schwierigen Themen konfrontiert“ wird, wie zum Beispiel mit dem „Kielce-Pogrom, der noch nach dem zweiten Weltkrieg sich in einer Hass- und Gewaltorgie entlud oder etwa der antisemitischen Kampagne von 1968“. Symposien und Debatten, Filmvorführungen und Workshops sind geplant. Ein „europäisches Bildungsinstitut“ soll das Museum werden, plant Rudzinska, aber „auch für die wenigen, noch in Polen lebenden Juden erhebt das Museums Vertretungsansprüche. Es wird ein koscheres Restaurant beherbergen, in dem jüdische Hochzeiten und andere Familienfeiern abgehalten werden können“.

Hanno Loewy, Präsident der „Vereinigung Europäischer Jüdischer Museen“ (AEJM).
Hanno Loewy, Präsident der „Vereinigung Europäischer Jüdischer Museen“ (AEJM).

Hanno Loewy in London zum Präsidenten der europäischen Museumsvereinigung gewählt

„Die Aufgabe jüdischer Museen hat sich in den letzten zwanzig Jahren wesentlich verändert“ betont Hanno Loewy, der Direktor des österreichischen „Jüdischen Museums Hohenems", das sich direkt an der Grenze zur Schweiz und zu Lichtenstein befindet. Im November wurde er in London auf der „AEJM-Conference“ zum Präsidenten der „Vereinigung Europäischer Jüdischer Museen“ (Association of European Jewish Museum) gewählt. Eng verbunden mit dem Säkularisierungsprozess begann man um 1900 erste jüdische Museen einzurichten. Aus den Dörfern zogen Landjuden in die Städte, ihre Landsynagogen blieben ohne Beter zurück, die religiösen Gegenstände wurden funktionslos, jedoch aufbewahrt. Viele Torakronen, Rimonim, Toramäntel und anderes kamen dann in das neu gegründete Museum und wurden kulturelles Gut der städtischen Gemeinde, das mittels Spenden bald mit weiteren wertvollen Objekten aus jüdischen Haushalten zu einer ansehnlichen Sammlung anwuchs.

 

Nach der Schoa entstanden wieder jüdische Museen, die im deutschsprachigen Raum vorwiegend von Nichtjuden für ein nichtjüdisches Publikum als Mahn- und Erinnerungsstätte aufgebaut wurden. In Österreich wie in Osteuropa wurden jüdische Museen zur Erinnerung an eine vergangene reiche jüdische Kultur gebaut und entstanden so auch in Orten, in denen heute keine Juden mehr leben. Dort, wo in Europa neue jüdische Gemeinden gegründet wurden, begann sich nach und nach auch ein jüdisches Publikum für das Museum zu interessieren und fing an, aktiv in die Gestaltung einzugreifen.

 

Jüdische Museen als Orte der Kommunikation und Ausdruck eines neuen jüdischen Selbstverständnisses 

„Heute gibt es eine neue jüdische Gegenwart in Europa“ betont Hanno Loewy, „kein Rest mehr, sondern Anfang von etwas völlig Neuem“. Jüdische Museen sieht er gegenwärtig in einem Spannungsfeld als Bewahrungsort von Tradition und Zeugnissen der Vergangenheit einerseits und als Ort eines neuen kulturellen Selbstverständnisses. Dazu, so Loewy, gehören auch „Pilotprojekte“, die sich mit aktuellen, gesellschaftlichen Themen auseinandersetzen. In Hohenems gab es z.B. eine Ausstellung über Migranten aus der Türkei. Jüdische Museen heute, meint er, haben auch die Pflicht, einem Bildungsauftrag nachzugehen, spannende Debatten voranzutreiben und so zum Entstehen einer neuen politischen Kultur beizutragen. „Wenn wir das nicht leisten“, so Loewy, „haben jüdische Museen doch nur die Funktion Schaufenster einer jüdischen Gemeinde oder Schatzkammer zu sein. Dann bräuchte auch die öffentliche Hand dafür kein Geld mehr auszugeben“ viele Parallelen sieht er beispielsweise zwischen Migranten von heute und der Einwanderung der Juden in früheren Zeiten und mahnt Israel wie jüdische Gemeinschaften in der Diaspora aufzupassen, sich nicht von Rechtspopulisten als „Vorzeigemigranten“ missbrauchen zu lassen. Gleich, ob es aktuelle Themen über die multikulturelle Gesellschaft, über Vergangenheitsbewältigung, über neue politische Bewegungen oder eine Einmischung in innerjüdische Diskussionen sind – jüdische Museen der Gegenwart, so Loewy, sollen sich positionieren und mit der Umwelt kommunizieren, denn nur so „bleiben sie wichtige kulturelle Institutionen. Es gibt wenige Orte, die so offen sind für unterschiedliche Erfahrungen“ und wo man Geschichte und Objekte von so verschiedenen Perspektiven anschauen und darüber debattieren und streiten kann. Ein breites Feld von Themen, so Loewy, sollten heute jüdische Museen anpacken und thematisieren. Auch wenn es scheint, dass jüdische Museen im deutschsprachigen Raum oder in Osteuropa oft anders ausgerichtet sind, als die großen Häuser in Paris oder London, gibt es dennoch viele ähnliche Probleme und Fragen, sind sie doch alle auch Ausdruck eines gewandelten jüdischen Selbstbewusstseins. Der Verband der Europäischen Jüdischen Museen der über 50 institutionelle Mitglieder zwischen Spanien und der Ukraine, Norwegen und der Türkei, Deutschland, Österreich, Belgien, Polen, Ost- und Westeuropas vereint, sieht seinen Schwerpunkt nicht nur als Interessenvertretung, sondern in der Weiterbildung von Museologen, Museumspädagogen, im Kuratorentraining oder bei der Identifikation von Fälschungen. Judaica sind Mode geworden, deshalb, so Loewy, befinden sich viele unechte Stücke in den Sammlungen. Nur durch Fachkenntnis kann man sie von den Originalen unterscheiden. „Wir helfen jüdischen Museen auch bei der Provenienzforschung und bringen kleinere Museen und neu gegründete Institutionen mit den großen Museen in Paris, Frankfurt oder Prag zu Erfahrungsaustauschen zusammen.“ Vor allem in Osteuropa entstanden und entstehen viele neue jüdische Museen. Ein privater Sponsor ermöglichte ein jüdisches Museum in Moskau, andere entstanden neu in Lemberg, Riga und in der Ukraine.

 

Jährlich findet eine große Konferenz in einem anderen Land statt. Nach London in diesem Jahr ist die nächste europäische Zusammenkunft der Association 2012 in Wien geplant.

 

Jüdisches Museum in Wien wieder zugänglich – Eröffnungsausstellung will Besucher in die Konzeption mit einbeziehen

Völlig umgebaut wird gegenwärtig das Jüdische Museum Wien, das einst aus einer Sammlung der Israeltischen Kultusgemeinde hervorging, jetzt aber von der Stadt Wien unterhalten wird. Im Herbst 2012 soll es wieder komplett zugänglich sein. Lange war das Haus geschlossen. Die sinnlose Zerstörung von Hologrammen und der unfreiwillige Abgang der ehemaligen Chefkuratorin Felicitas Heimann-Jelinek, sorgten für eine Welle internationaler Entrüstung. Die Welt schaut auf Wien und ist nun doppelt neugierig, was die Museumsdirektorin aus dem ehemaligen Palais Eskeles macht. „Eine neue Dauerausstellung kann man nicht vom Zaun brechen“, betont Danielle Spera, diese wird erst im Oktober fertig. Trotzdem wurde das Wiener Jüdische Museum wieder eröffnet.

 

Schon von Weitem sichtbar ist das Wort „Museum“ in hebräischen Buchstaben, eine Lichtinstallation aus Neonleuchten von Brigitte Kowaz an der weiß getünchten Fassade des Gebäudes. Betritt man das Jüdische Museum, fällt als erstes auf, dass mehrere Einbauten heraus genommen wurden, wodurch das Foyer größer und heller wirkt. Auf drei langen Tischen im Atrium sind Dokumente und Artefakte zu sehen. „Work in Progress“ nennt Museumschefin Spera dies und hofft, die Besucher mit einzubeziehen. Auch sie sollen sich Gedanken über heutige Erwartungen an ein Jüdisches Museum machen, das, wie Vizebürgermeister Brauner bei der Eröffnung betonte „auch immer stärker das Miteinander von Jüdinnen und Juden mit Nichtjüdinnen und Nichtjuden im Heute in den Focus“ stellen soll.

 

100 Jahre Hollywood

Auf drei Ebenen kann man durch das renovierte Gebäude laufen. Die „Installation der Erinnerung“ der New Yorker Künstlerin Nancy Spero ist gleich geblieben. Im oberen Geschoss werden wieder Judaica ausgestellt, aber auch skurrile, deutlich antisemitisch geprägte Figuren aus der Sammlung Schlaff, die zum Nachdenken anregen sollen. Erstmals werden auch Sammlerpersönlichkeiten vorgestellt, die zugleich Sponsoren des Museums sind. Im Eingangsbereich befindet sich eine Datenbank, so dass wie in Frankfurt jetzt auch in Wien Überlebende im Museum nach ihren Wurzeln forschen und soweit bekannt, auch mehr über das Schicksal ihrer Verwandten erfahren können. Nichtjüdische Österreicher werden angeregt, sich mit der Rolle Österreichs und den Verbrechen während der NS-Zeit auseinanderzusetzen. Geblieben sind die Buchhandlung und das Museumscafe, das allerdings einen neuen Pächter hat, der es zu einem Stehimbiss mit Sitzgelegenheiten auf Barhockern umfunktionierte. Ob es wie das alte Cafe weiterhin ein beliebter Treffpunkt wird, bleibt abzuwarten.

 

Vor allem jedoch ist jetzt im Wiener Jüdischen Museum eine Sonderausstellung zu sehen, die Kurator Werner Hanak über „Bigger Than Life – 100 Jahre Hollywood“ erstellte und die von der Emigration vieler Juden nach Amerika erzählt – angefangen mit den Gründungsvätern der Filmindustrie, den Brüdern Warner, die bereits Ende des 19. Jahrhunderts aus dem osteuropäischen Schtetl nach Hollywood kamen und hier gemeinsam mit anderen wie Adolph Tukor, William Fox oder Louis B. Mayer das Studiosystem und den amerikanischen Mythos neu erfanden. Wie schafften sie das? Auf diese Frage eine Antwort zu geben versucht die Ausstellung, die publikumswirksam mit vielen bekannten Szenenfotos, Plakaten und Filmausschnitten zahlreiche Besucher ins Museum lockt. Wird hier doch nicht nur der Erfindung „globaler Stars“ und des „Happy-Ends“, sondern auch der Frage nach dem jüdischen Humor, der Selbstzweifel oder der Identitätsfindung nachgegangen, die durch die Filmindustrie inzwischen Teil der globalen Kulturgeschichte wurden. Auch der Umgang Hollywoods mit dem Holocaust wird als Thema aufgegriffen und im Wandel gezeigt, von „Casablanca“ bis „Inglourious Basterds“. Der Baseballschläger aus dem Film, der für 4.000 Euro vom Museum angekauft wurde, ist ebenso in der Ausstellung zu sehen, wie Schminkkoffer von Marilyn Monroe, rote Schuhe, die Dorothy im „Zauberer von Oz“ trug und viele andere Objekte. Die Schau wird bis April 2012 gezeigt und macht neugierig auf die Fertigstellung des Hauses mit der ständigen Ausstellung, die hoffentlich nicht nur unterhaltsam sein will, sondern auch hohen wissenschaftlichen Erwartungen und dem Bildungsauftrag des Museums gerecht wird.

 

Frankfurter Jüdisches Museum plant Erweiterung

Auch das Jüdische Museum in Frankfurt am Main will demnächst die Konzeption seiner ständigen Ausstellung überarbeiten und neue Forschungsergebnisse dabei mit einfließen lassen. Geplant ist der Anbau eines weiteren Gebäudes, in dem dann Sonderschauen besser präsentiert werden können und in dem auch mehr Kolloquien, Weiterbildungen, aber auch Lesungen, spannende Symposien und Diskussionen stattfinden. Die Vorbereitungen für dieses Projekt beginnen gerade.