Wir brauchen jüdische Kinderbücher für unsere Kinder. Während auf dem „Europäischen Schabbat“ in Frankfurt noch über diese Notwendigkeit diskutiert wurde, arbeitete in Berlin bereits Myriam Halberstam an einem solchen Buch für 3 bis 6-Jährige, das sie ihren beiden Kindern Aliza und Leah widmete. Pünktlich zum Lichterfest kam „Ein Pferd zu Chanukka“ heraus. Und weil es keinen jüdischen Kinderbuchverlag gibt, gründete sie diesen gleichzeitig dazu, in dem sie nicht nur dieses Kinderbuch verlegt. Weitere, die noch in Planung sind, sollen folgen. „Ariella“ heißt der Verlag, „Löwin G‘ttes“, erzählt Myriam Halberstam und betont, dass sie ganz bewusst eine Firma ins Leben rief, die mit „A“ anfängt. Es sollte ein „schwungvoller Name sein mit einem jüdischen Bezug“.
Anders als der ehemalige Alibaba-Verlag, der vor über zehn Jahren Kinderbücher produzierte, die entweder in kindgerechter Form über den Holocaust erzählen oder reine Übersetzungen aus dem Hebräischen oder Amerikanischen waren, will Halberstam von Kindern erzählen, die hier und jetzt in Europa leben. Den Alibaba-Verlag gibt es nicht mehr, er stellte seine Produktion ein. Allein die Übersetzungen israelischer Gegenwartsautoren sind längst noch keine Bücher über das Leben jüdischer Kinder. Zeruya Shalevs „Mamas liebster Junge“, das im Verlag Beltz & Gelberg erschien, ist ein Beispiel dafür. Erzählt wird vom Alltag des kleinen Davidas, der im Sand spielt, morgens in den Kindergarten geht, mit anderen Kindern spielt und von Mama und Papa immer wieder in den Arm genommen wird. Dargestellt wird eine heile Kinderwelt, die in Israel zwar tröstend gegen Erfahrungen des palästinensischen Terrors steht, den auch Kinder miterleben. Im Ausland dagegen wirken solche Bücher wie ganz normale Kinderbücher, die nichts typisch Jüdisches zum Inhalt haben.
Die Kinderbücher des Ariella-Verlages jedoch sind von einer jüdischen Autorin für jüdische Kinder geschrieben, die hier leben. In der ersten Publikation „Ein Pferd zu Chanukka“ wird von Geschenken, von Latkes, vom Dreidel-Spiel und natürlich von der Chanukkiah erzählt und von der ganzen Familie die fröhlich „Maos Zur“ singt. Mit viel Witz ist die Geschichte erzählt. Allein schon der Gedanke ein Pony zu schenken, das in der Stadtwohnung viel Unsinn anstellt, reizt die Lachmuskeln. „Ich wollte nichts Didaktisches schreiben, sondern etwas was stark macht“, sagt Autorin Halberstam. Auf spielerische und sehr lustige Weise entwickeln die kleinen jüdischen Leser ganz nebenbei auch jüdisches Selbstbewusstsein und Stolz auf die eigene Tradition.
Natürlich können auch Nichtjuden dieses Buch kaufen und dabei einiges über Judentum lernen und verstehen. Publikationen aus dem Ariella-Verlag tragen so ebenfalls zur besseren Verständigung bei. Die Zeichnungen zum „Pferd von Chanukka“ stammen von Nancy Cote, die in Amerika bereits mehrere jüdische Bilderbücher illustrierte und fünf selbst verfasste. Voller Poesie ist auch diesmal ihre Arbeit, wodurch das Buch nicht nur inhaltlich, sondern auch optisch äußerst ansprechend wurde. Autorin und Verlegerin Myriam Halberstam, die verheiratet und selber Mutter ist, befasst sich auch als Schriftstellerin des Carlson-Verlages Foto A. Canem mit Kinderliteratur. Für die Reihe „Alle Kinder dieser Welt“, in der spannende Sachgeschichten aus ihrem Alltag erzählt werden, arbeitet sie gegenwärtig an einem Band mit dem Titel „Lena feiert Pessach mit Alma“. Darin stellt sie das jüdische Fest aus der Sicht zweier Freundinnen vor, der jüdischen Alma und der nichtjüdischen Lena, die von ihrer besten Freundin eingeladen wurde. 2011 erscheint im gleichen Verlag in der Reihe „Lesemaus“ ein weiteres Buch von Halberstam über das Zuckerfest.
Geboren wurde die Buchautorin in New York, kam aber bereits als Kind nach Deutschland, wo sie aufwuchs und auch zur Schule ging. Theaterregie und Kunst- geschichte studierte sie am Hunter College in New York. Danach begann sie in der Spielfilmproduktion mitzuarbeiten, zuerst in den USA, später in Deutschland. Auch in Israel, wohin sie 1988 übersiedelte, arbeitete sie für Film und Fernsehen, unter anderem als Nahostkorrespondentin des US-Fernsehsenders ABC News. Als Printjournalistin war sie ebenfalls tätig, so z.B. für die Jerusalem Post.
Seit 1993 lebt Myriam Halberstam wieder in Deutschland, machte hier ihr Diplom in Film- und Fernsehregie, arbeitete als Redakteurin bei Alfred Biolek und Christiane Christiansen sowie bei zahlreichen Film- und Fernsehsendungen. In ihren eigenen, für verschiedene TV-Sender produzierten Filmen war ihr Israel und das jüdische Leben in Deutschland immer wieder ein wichtiges Thema. Als Moderatorin half sie bei der erfolgreichen Gestaltung eines Festivals mit israelischen Filmen in Berlin mit.
Mit der Geburt eigener Kinder, erzählt sie, „begann ich mich mit Themen zur Erziehung und Bildung jüdischer Kinder zu befassen“. Sie wurde Mitherausgeberin und Autorin des jüdischen Magazins „Familienmentsch“ und begann Geschichten für kleine jüdische Leser zu schreiben.
Drei Bücher, so plant Myriam Halberstam, sollen ab 2011 jährlich aus ihrem Ariella-Verlag nun den noch ziemlich leeren deutschen Buchmarkt für jüdische Kinder bereichern.
Myriam Halberstam „Ein Pferd zu Chanukka“, Ariella-Verlag Berlin, 32 Seiten, Preis 12,95 Euro. Erhältlich in Deutsch oder in Englisch im Buchhandel oder direkt bei der Autorin: mimihalberstam@aol.com. Bei Bestellungen über www.DIHKK.de gehen 2 Euro als Spende an die Deutsch- Israelische Hilfe für krebskranke Kinder.