ABENTEUER AUF DEM DORF

KAMINER IN GLÜCKLITZ

Rund 20 Bücher hat Bestsellerautor Wladimir Kaminer in den letzen 23 Jahren geschrieben. Berühmt wurde er mit „Russendisco“ einem Roman der über 1,4 Millionen Mal verkauft wurde und dem reale Musikveranstaltungen folgten.

 

Auch über Gärten ließ sich der Vielschreiber aus. Das Thema ist in der Literatur nicht neu. Francis Bacon schwärmte bereits 1609 im Essay „Old Gardens“, dass dieser „die größte Erfrischung für den menschlichen Geist“ und „wunderbarste Ort“ sei. Voltaire begeisterte sich für den Anbau von Kohl, Karel Capek schrieb ein Meisterwerk über „Das Jahr des Gärtners“, Hermann Hesse verbrachte rund die Hälfte seines Lebens im eigenen Garten. Theodor Fontane machte Herrn von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland so bekannt, dass noch heute Touristenströme angereist kommen, um Birnenfrüchte und Kompott zu kaufen. Die Liste der Poeten die sich für Blumen und Früchte begeisterten, ist lang. Nun gesellt sich also auch Wladimir Kaminer in die Reihe dieser Schriftsteller dazu. Nachdem sein Buch „Mein Leben im Schrebergarten“ wieder ein Erfolg wurde, erschien jetzt, ebenfalls im Manhatten-Verlag, „Diesseits von Eden – Neues aus dem Garten“.

 

Wer allerdings glaubt, einen literarischen Gartenratgeber in den Händen zu halten, irrt sehr. „Die Deutschen“, erzählt Kaminer, stellen „Gartenzwerge auf und zupfen den ganzen Tag Unkraut“. Russen dagegen „fahren zu ihren Datschen, um sich zu erholen und natürlich zu trinken. Das ist die russische Art mit der Natur umzugehen“. Seinen Schrebergarten am Stadtrand von Berlin musste Kaminer zurückgeben. Wegen allzu großer „Probleme mit spontaner Vegetation“, erklärte er mit verschmitztem Humor das Wuchern der Unkräuter. Doch ein eigenes Fleckchen Erde sollte es schon sein. Und so kaufte die Familie ein Grundstück mit Garten in einem brandenburgischen Dorf, dem Kaminer den Namen „Glücklitz“ gab. Seine Frau macht die Gartenarbeit, der Schriftsteller jedoch beschreibt das Leben auf dem Dorf, und dies mit der für ihn typischen Leichtigkeit.

 

Es sind Geschichten vom Alltag, Menschen auf der Suche nach dem Paradies, aus dem Adam und Eva einst vertrieben wurden und wo natürlich die Feste nicht fehlen, das Essen, die Liebe und die Tiere. Über Katzen im Alten Ägypten der Pharaonenzeit macht sich der Autor Gedanken und über Katzen in Glücklitz, über Angler und über Fische im See, die Kaminer immer wieder ausweichen. Er beschreibt das Leben in einem typischen kleinen Dorf in Brandenburg, wo es seit der Wende weder Bäcker noch sonstige Lebensmittelhändler gibt, Kindergärten und Schulen und auch die Arztpraxis geschlossen wurden, die Jungen abwanderten und jetzt eigenwillige, kauzige Rentner in der Überzahl sind. Dabei erzählt er liebevoll, ohne Bitterkeit. Die Dorfbewohner schließen schnell Freundschaft mit dem Schriftstellerpaar und dem Sohn, der überall sein Lieblingsgemüse Rettich anpflanzen will. Bald wird auch in Glücklitz eine „Russendisco“ veranstaltet, zu der auch die Einwohner der Nachbardörfer herbeieilen. Die Dorfscheune wackelt vom wilden Stampfen und dem Temperament der tanzenden Brandenburger. Die Begeisterung war groß und die Gäste laden den DJ-Schriftsteller ein, auch zu ihnen zu kommen und „Russendiscos“ zu veranstalten. Es ist viel los in Gücklitz und Umgebung.

 

„Neues aus dem Garten“ ist eine Ansammlung skurriler Geschichten. Die Lachmuskeln bleiben beim Lesen des Buches, wie bei den anderen Werken dieses Autors, auch diesmal ständig in Bewegung. Wieder mal zeigt sich Wladimir Kaminer als ein Meister der Beobachtung und Erzählkunst, etwa wenn er von pfiffigen Landwirten berichtet, die in ihrer Gegend Techno-Partys fremder Großstädter verhindern wollen und listig tonnenweise bestialisch stinkende Gülle auf den Feldern um das Areal herum versprühen. Das Leben auf dem Dorf steckt voller Überraschungen.

 

 Wladimir Kaminer „Diesseits von Eden   – Neues aus dem Garten“, Manhatten-Verlag, 256 Seiten, ISBN: 978-3-442-54717-3, Preis: 17,99 € (Deutschland), 18,50 (Österreich), CHF 25,90 (Schweiz)

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