KÜF KAUFMANN

KOMÖDIANT, KABARETTIST, BUCHAUTOR UND JÜDISCHER POLITIKER

Er ist durch und durch Komödiant, sarkastisch und einfühlsam zugleich. Melancholisch auf der einen Seite, kämpferisch und ernsthafter Politiker jedoch, wenn es um die Belange jüdischer Menschen geht. Jetzt hat Küf Kaufmann einen Roman geschrieben, in dem er mit russischem Humor sich an sein Leben im Realsozialismus und seine Anfänge in Deutschland erinnert.

„Es war einmal eine Stadt in Russland namens Marx“, beginnt Küf Kaufmann sich in seinem neuen Buch „Wodka ist immer koscher“ vorzustellen. Auf der anderen Wolgaseite lag der Ort „Engels, dazwischen befand sich eine große Brücke, die selbstverständlich Leninbrücke hieß. Dort, in diesem Bermudadreieck des Kommunismus, genauer in Marx, wurde ich geboren.“

 

Mit viel Humor geschrieben wurde dieser „Roman über das Trinken und das Leben“, so der Untertitel des im „Aufbau-Verlags“ herausgegebenen Buches. Es sind verrückte Geschichten, die der Komödiant beschreibt, und die er selbst erlebte. Ausgebildet als Regisseur in St. Petersburg, damals Leningrad, leitete er während seiner Armeezeit das „Gesangs- und Tanzensemble der Roten Armee“. Danach wird er Mitarbeiter des staatlichen Leningrader Radios und Fernsehens und schreibt Beiträge für zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften. Seit 1980 ist er Regisseur an der Leningrader „Music Hall“.

 

Bei einem Gastspiel des Berliner Friedrichstadtpalastes wurde vereinbart, dass er in Deutschland eine gemeinsame Revue einstudie- ren soll. Doch als er kurz nach der Wende in Berlin eintraf, war der Intendant rausgeworfen worden. Das Regiean- gebot für Kaufmann war ungültig. Seine Verzweiflung wollte er in einer Kneipe runterspülen. Dort, am Tresen, sprach ihn ein Bierverkäufer an, ob er Kontakt zur russischen Armee hätte. Der Regisseur, der kein Engagement und kein Geld hatte, nickte nur und nannte den einzigen Namen, der ihm gerade einfiel, es war der des Generals der stationierten russischen Streitkräfte. Am nächsten Tag ging er tatsächlich zu ihm. Fast eine Stunde plauderten die Beiden über Theater, Musik, das Ballet, bis der General ermüdet fragte: „Was wollen Sie eigentlich?“ „Bier verkaufen“, war die Antwort und der Theatermann erhielt wirklich die Konzession. Kaufmann blieb in Deutschland und holte seine Familie nach. Später versuchte er sich auch noch als Gastwirt. Doch das gab er auf und ging zurück in seinen Beruf. „Ich bin durch und durch Künstler“, sagt Küf Kaufmann, der sich nur auf der Bühne wohl fühlt. Den Komödianten spürt man in jeder Zeile seines Buches, das mit großer Heiterkeit von der Welt der Künstler in der Zeit des großen Umbruchs erzählt. Alkohol, vor allem Wodka, ist fast immer dabei, doch das Trinken steht nicht im Mittelpunkt, sondern Erinnerungen an sein Leben im Realsozialismus und seine Anfänge in Deutschland in der Wendezeit. Und das mit dem berühmten russischen Humor, witzig und melancholisch zugleich.

 

Zwanzig Jahre lebt Küf Kaufmann jetzt schon in Deutschland. Auch hier ist die Bühne seine große Leidenschaft. Zahlreich sind seine Auftritte im Kabarett, in der Leipziger „Pfeffermühle“, der Berliner „Distel“ in der Dresdner „Herkuleskeule“ oder im „Neuen Theater“ in Halle. Auf dem Programm steht sächsischer und jüdischer Humor, vorgetragen in Geschichten, Liedern und Szenen. „Fröhlich und Meschugge“ sind die gemeinsamen Auftritte von Küf Kaufmann und Bernd-Lutz Lange. In der Krimiserie „Im Angesicht des Verbrechens“ spielte Kaufmann unter der Regie von Dominik Graf einen alten jüdischen Vater und führte als Art-Direktor der Leipziger „Riverboat-Bühne“ selber Regie. Ein „cooler Typ“, beurteilt Tochter Ekaterina ihren Vater. Sie selber tritt als Sängerin und Produzentin in die Fußstapfen ihres Vorbilds. Gegenwärtig studiert sie an der Potsdamer Hochschule für Film und Fernsehen. Bei der Entstehung des Buches war sie ebenfalls beteiligt – als Lektorin und Übersetzerin.

 

Küf Kaufmann hat jedoch auch noch eine andere Seite. So engagierte er sich in der „Vereinigung der Ausländischen Bürger im Freistaat Sachsen e.V.“ und wurde Mitglied der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig, deren Vorsitzender er seit 2005 ist. Viel hat er bereits für die jüdische Gemeinschaft Leipzig erreicht. 2009 gab die Stadt das Ariowitsch-Haus zurück, das seitdem jüdisches Kultur- und Begegnungszentrum ist. Dort werden Kulturabende veranstaltet. Es gibt eine umfangreiche Bibliothek, Kurse für Kinder, Vorträge und Workshops. Sozialarbeiterinnen helfen den Zuwanderern bei Behördengängen. 99 Prozent der Mitglieder kamen aus der ehemaligen Sowjetunion, mehr als die Hälfte sind über fünfzig Jahre alt. Die Integration aller Mitglieder hält Kaufmann für eine wichtige Arbeit. Vor allem in der Ausübung eines Ehrenamtes sieht er eine gute Möglichkeit der engeren Bindung und für die Bildung des Bewusstseins der Zusammengehörigkeit. Wie überall haben auch in Leipzig viele jüdische Männer und Frauen wenig Wissen über jüdische Religion und Tradition. Für sie bietet die Gemeinde kulturelle Veranstaltungen und Lernabende an. Ein Höhepunkt in seinem Leben als Gemeindevorsitzender war für Küf Kaufmann die Rabbinerordination im vergangenen Jahr, die ganz in orthodoxer Tradition stattfand. Aus der ganzen Welt kamen rabbinische Autoritäten in die Leipziger Synagoge, unter ihnen auch Ronals S. Lauder, der Präsident des Jüdischen Weltkongresses und Stifter des „Berliner Rabbinerseminars“, das die Tradition von Esriel Hildesheimer in Deutschland fortführt.

 

Wie Arnold Schwarzenegger oder Ronald Reagan, ist auch Kabarettist und Regisseur Kaufmann ein ernst zu nehmender Politiker. Sein Engagement gilt dem Judentum. 2010 wurde er ins Präsidium des Zentralrats der Juden in Deutschland gewählt und ist dort für die Integration der russisch-jüdischen Zuwanderer zuständig.

 

Küf Kaufmann blickt optimistisch in die Zukunft. Es gibt in Leipzig jüdische Kindergärten. Mitglieder der Gemeinde wie der Vorsitzende des Kulturvereins, ein Rechtsanwalt, sind in der deutschen Gesellschaft anerkannte Persönlichkeiten. Ein Ingenieur hat als Professor einen Lehrauftrag an der Leipziger Universität, eine fünffache Mutter, die als Ärztin arbeitet, hat nicht nur guten nachbarschaftlichen Kontakt zu ihren Patienten, sondern zeigt sich auch offen als bewusste Jüdin.

 

1.300 Mitglieder hat die Israelitische Kultusgemeinde Leipzig. „Wir sind nach Berlin die zweitgrößte Gemeinde im Osten Deutschlands“, erklärt Vorsitzender Kaufmann, der vor allem in der jüdischen Jugend die Zukunft sieht. Zusammen mit der Lauder-Foundation bietet die Gemeinde ein Tora-Lernzentrum für Jugendliche an. Und seit diesem Herbst, freut sich Kaufmann, „haben wir zum ersten mal nach dem Krieg einen eigenen Rabbiner.“ Bisher wurde die Israelitische Kultusgemeinde Leipzig lediglich von einem Wochenendrabbiner betreut. Doch jetzt trat Rabbiner Zsolt Balla, der im „Berliner Rabbinerseminar“ ausgebildet wurde, die Planstelle an.

Küf Kaufmann, “Wodka ist immer koscher – ein Roman über das Trinken und Leben“, Aufbau-Verlag, 208 Seiten, ISDN: 978-3-351- 03343-9, Preis: 16,95 Euro (D), 17,50 Euro (A), 24,50 CHF (Schweiz)