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v.l.n.r.: Organisatoren und Teilnehmer an einer Konferenz des Zentralrates über „Militärrabbiner in der Bundeswehr“: Dr. Daniel Botmann, Prof. Dr. Doron Kiesel, Dr. Josef Schuster, Ministerin Ursula von der Leyen, Antisemitismusbeauftragter der Bundesregierung Dr. Felix Klein, Zentralratsvize Mark Dainow, Michael Fürst, erster jüdischer Soldat in der Bundeswehr nach 1945 und der Historiker und Publizist Michael Wolfssohn. Foto: R. Herrlich
Der Wunsch nach jüdischen Militärrabbinern besteht seit Langem. Jetzt hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen die Einsetzung einer einstelligen Zahl von Militärrabbinern in der Bundeswehr zugesagt und einen Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik und dem Zentralrat der Juden in Deutschland in Aussicht gestellt. Einen solchen gibt es bereits mit der katholischen und evangelischen Kirche für die rund 94.000 christlichen Soldaten. Für die muslimischen Soldaten plant das Ministerium ebenfalls eine seelsorgerische Betreuung. Mittlerweile dienen rund 300 jüdische Offiziere und Soldaten, darunter auch einige Frauen, bei der Bundeswehr. Viele sind Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion oder deren Kinder. Die religiöse Begleitung, hob Ursula von der Leyen hervor, sei „gerade in Zeiten, in denen Antisemitismus, religiöse Polarisierung und Engstirnigkeit vielerorts auf dem Vormarsch sind, ein wichtiges Signal“.
Während der Befreiungskriege gegen Napoleon kämpften zum ersten Mal auch jüdische Männer in einem deutschen Heer und zwar in Preußen. Im 1. Weltkrieg standen insgesamt rund 100.000 Juden unter Waffen. Einer von ihnen war Leo Löwenstein, der 1920 mit Gleichgesinnten den „Reichsbund jüdischer Frontsoldaten“ gründete, als „Interessenvertretung gegen antisemitische Hetze und Verleumdungen“. Seine 20 Erfindungen, darunter auch die Entdeckung, wie man mit Schallmessungen, die feindlichen Stellungen orten kann, schenkte er als Patriot dem deutschen Staat. Als Träger des „Eisernen Kreuzes“, unterschätzte er, wie viele andere ehemalige jüdische Frontsoldaten, noch 1942 den deutschen NS-Staat. Leo Löwenstein wurde trotzdem deportiert, überlebte Theresienstadt jedoch und emigrierte nach 1945 über Schweden in die Schweiz. Im Januar 2014 wurde in Aachen eine Kaserne nach ihm benannt. „Die Pflege des Andenkens an die jüdischen Soldaten, die in den Armeen der deutschen Staaten, des Kaiserreichs und der Weimarer Republik dienten,“ sowie die Erinnerung „an das Schicksal der ehemaligen jüdischen Frontsoldaten des Ersten Weltkriegs und ihrer Familien in der NS-Zeit“ stellte sich der „Bund jüdischer Soldaten“ innerhalb der Bundeswehr zur Aufgabe. Seine Gründung im Jahr 2006, so der Oberst im Generalstab, Gideon Römer-Hillebrecht, ist „auch ein Beitrag gegen Rechtsextremismus“. Vieles, wofür dieser Bund sich einsetze, ist bereits oder wird nun Realität. Schulungen für nichtjüdische Kameraden über Judentum und die verschiedenen Seiten des Antisemitismus oder jetzt die Ernennung von Militärrabbinern. „Es erfüllt mich als Verteidigungsministerin mit Dankbarkeit und auch mit Demut, dass Frauen und Männer jüdischen Glaubens in unserer Bundeswehr dienen“, erklärte Ursula von der Leyen. Der Zentralrat der Juden in Deutschland schlägt künftige Militärrabbiner vor, die Auswahl und Dienstaufsicht liegt bei der Bundeswehr. „Die Berufung von Militärrabbinern ist ein Zeichen für das gewachsene Vertrauensverhältnis der jüdischen Gemeinschaft in die Bundeswehr als Teil unserer demokratischen Gesellschaft. Mit jüdischer Militärseelsorge wollen wir unseren Beitrag zur ethischen Ausbildung der Soldatinnen und Soldaten leisten“, betont Zentralratspräsident Dr. Schuster. Zum Aufgabenfeld der neuen Militärrabbiner gehört neben der Zuständigkeit für religiöse Angelegenheiten auch die Identifizierung der Gefallenen, die Benachrichtigung an die Familie und die Organisation der Beisetzung. Bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr reisen auch die Seelsorger mit, die stets ein offenes Ohr für die Soldaten haben, besonders wenn diese zum ersten Mal in einem Kampfeinsatz waren und anschließend an Depressionen oder Verwundungen leiden. Ministerin von der Leyen ist es wichtig, dass innerhalb der Armee auch ein jüdisches Leben gelebt werden kann. „Das ist in Zeiten, in denen Polarisierung und Engstirnigkeit vielerorts auf dem Vormarsch sind, ein wichtiges Zeichen.“
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