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Vor zehn Jahren, im März 2006, beschloss die UN-Generalversammlung die bisherige UN-Menschenrechtskommission aufzulösen und dafür einen UN-Menschenrechtsrat zu etablieren. „Die Menschenrechtskommission hatte ihren Weg verloren“ erinnert sich der damalige UN-Generalsekretär Kofi A. Annan, zu sehr war sie „zu einem Forum für Menschenrechtsverletzer geworden“, die sich gegenseitig die Bälle in die Hand spielten. Der neue UN-Menschenrechtsrat hatte nun die Aufgabe, „anstatt sich einige Länder herauszupicken, während andere Menschenrechtsverletzungen unbeachtet bleiben“, so Kofi Annan, „regelmäßig die Menschenrechtslage in allen Staaten zu überprüfen“ und damit auch zur Prävention von Menschenrechtsverletzungen beizutragen. 47 Staaten sind heute Mitglieder. Gewählt werden sie jeweils für eine Amtsperiode von drei Jahren. Sitz des Menschenrechtsrates ist Genf. Als Nebenorgan der UN-Generalversammlung wird er mit drei Prozent vom Gesamtbudget finanziert. Seine Aufgabe ist es Berichte und Resolutionen zu produzieren, völkerrechtlich bindend sind diese nicht. Ein Glück, möchte man sagen, denn nach wie vor ist es auch ein Sammelpunkt alter und neuer Antisemiten. Zwischen 2006 und 2015 verurteilte der UN-Menschenrechtsrat 65 mal Israel, während lediglich 55 Resolutionen Menschenrechtsverletzungen in allen anderen Staaten der gesamten Welt anprangern, darunter fallen auch sämtliche Despotien, Diktaturen und Autokratien.
Michael Lynk Sonderberichterstatter Jüdische Organisationen und Israelfreunde protestieren
Im März dieses Jahres wurde der Sonderposten des „Berichterstatters zur Situation der Menschenrechte in den seit 1967 besetzten palästinensischen Gebieten“ mit Michael Lynk neu besetzt. Dieser kanadische Juraprofessor beteiligt sich seit rund 30 Jahren aktiv an der Dämonisierung und Delegitimierung Israels. Er bezeichnete Israel als „Apartheidstaat“, unterstellte, wie „Media Watch“ aufdeckte, Israel „ethnische Säuberungen“, zweifelte die Legitimität des jüdischen Staates an und plädierte immer wieder für die Isolation Israels auf diplomatischen Parkett. Kurz nach dem Bekanntwerden seiner Berufung demonstrierten zahlreiche pro-israelische Gruppen gegen Michael Lynk und den instrumentalisierten Antisemitismus vor dem UN-Gebäude in Genf. Was der Menschenrechtsrat mache, ist „blanker Antisemitismus im alten Stil“ protestierte auch Yair Lapid, Vorsitzender der israelischen Partei Jesh Atid in Genf.
„Schwarze Listen“
Purer Institutioneller Antisemitismus
Kürzlich beschloss der UN-Menschenrechtsrat auch noch das Anlegen „Schwarzer Listen“, einer Datenbank, in der alle Unternehmen aufgelistet werden, die Geschäftsbeziehungen in die „illegal besetzten Gebiete“ haben. Initiiert wurde der Beschluss von der Palästinensischen Autonomiebehörde, Ägypten und Pakistan und wurde von Algerien und Venezuela unterstützt. Der Menschenrechtsrat mache „sich zu einem Komplizen“, erklärte UN-Botschafter Danny Danon, das ist „antiisraelisch als auch antisemitisch“. Auch Ronald S. Lauder, der Präsident des Jüdischen Weltkongresses äußerte harte Kritik am Verhalten der übrigen Mitglieder. Die gegen Israel gerichtete Resolution war mit den Stimmen von 32 Ländern angenommen worden, Gegenstimmen gab es keine. Lediglich Stimmenthaltungen gab es, darunter war auch Deutschland.
In dieser aufgewühlten Zeit wagte sich eine mutige jüdische Frau ans Mikrofon und rief den UN-Menschenrechtsrat auf, die Gefahr des neuen und alten Antisemitismus zu erkennen und dagegen einzuschreiten. Zwei Minuten durfte die Schweizerin Anita Winter als Vertreterin der Nichtregierungsorganisation von B‘nai B‘rith International und dem Koordinierungsrat jüdischer Organisationen sprechen.
Rede von Anita Winter vor dem UN-Menschenrechtsrat
„Ich bin die Tochter zweier Holocaust-Überlebenden“, begann Anita Winter ihre Rede. „Wäre die sogenannte Endlösung Nazi-Deutschlands erfolgreich gewesen, könnte ich hier nicht vor Ihnen stehen. Angesichts der vielen Millionen ermordeten Juden wurden die Vereinten Nationen in der Hoffnung geschaffen, dass so etwas nie wieder geschehen wird. Klar und deutlich drückte es Elie Wiesel aus: „Wir hofften, dass der Hass unter den Völkern und zwischen den Menschen in Auschwitz gestorben ist. Er ist es nicht. Die Opfer starben, aber die Hasser sind noch immer unter uns. Auch neue.“ Ihre Zahl steigt rapide an. Der Antisemitismus erfreut sich eines erstaunlichen Wiederauflebens, oft in Form eines fanatischen Hasses auf Israel, der einzigen Demokratie im Nahen Osten und der Heimat des jüdischen Volkes. Juden auf der ganzen Welt sind wieder gezielt im Visier, aus dem einzigen Grund, nur weil sie Juden sind. Es tut mir weh, wenn junge jüdische Jungs wie meine drei Söhne Angst vor körperlichen Angriffen haben müssen, wenn sie eine Kippa in den Strassen von Paris, Budapest und London offen auf dem Kopf tragen. In Frankreich gab es zum Beispiel eine 84-prozentige Steigerung von verbalen und körperlichen Angriffen gegen Juden in den ersten sechs Monaten des Jahres 2015 im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres. Lassen Sie es mich klar sagen: Antisemitismus ist nicht nur ein jüdisches Problem, sondern ein gesamtgesellschaftliches. Viele, die beiseite standen, als Juden Opfer der Nationalsozialisten wurden, wurden anschließend die nächsten Opfer. Jede Regierung hat die Aufgabe Intoleranz zu bekämpfen. Viele Regierungen haben zu lange gewartet, bevor Sie den vollen Umfang des Hasses realisierten. Es ist absolut notwendig, schnell zu handeln und Minderheiten gegen Rassismus und Antisemitismus zu schützen. Sie müssen die volle Kraft der Strafverfolgung und der Bildung nutzen, um die Radikalisierung zu bekämpfen, vor allem die der jungen Menschen. Dieser Rat hier muss endlich handeln, damit der Ruf „Never Again“ auch global in die Tat umgesetzt wird.“ (Übersetzung aus dem Englischen von Alexis Canem)
Entgegen der Meinung mancher Juden, dass man mit Antisemiten nicht reden sollte und deshalb auch nicht vor Institutionen wie dem UN-Menschenrechtsrat, setzt Anita Winter ein klares „Nein“ entgegen. Sie will mit ihrem Vortrag aufklären, auch wenn sie als NGO-Vertreterin dafür nur wenige Minuten zur Verfügung hat. Gegenwärtig arbeitet sie an ihrer nächsten Rede, die sie im Juni vortragen will.
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