Judenhass in Europa von erschreckendem Ausmaß

Der Gazakrieg als Deckmantel

„Schau, da sind sie wieder, die Judenschweine“. Zwei ältere Frauen standen etwas abseits am Rand einer pro-israelischen Demonstration in Frankfurt vor der Alten Oper und unterhielten sich. Simone H. hörte ihr Gespräch und ging zu ihnen. „Mit euch Juden reden wir erst wieder, wenn ihr aufhört die arme Hamas zu bombardieren“, bekam sie zu hören.

Wer geglaubt hatte, der alte Judenhass wäre längst in die Mottenkiste der Geschichte verbannt, wurde in diesen Tagen eines Besseren belehrt. Überall in Europa zeigte der offene Antisemitismus seine hässliche und auch bedrohliche Fratze. Palästina-Sympathisanten hatten zu Demonstrationen gegen Israels Politik und den Krieg im Gazastreifen aufgerufen. Längst richten sich die Kundgebungen nicht mehr allein gegen den einzigen demokratischen Staat im Nahen Osten, sondern auch gegen Juden in Europa. Aggressiv und gewaltbereit zeigten sich dabei radikale Hamas-Vertreter und ihre europäischen Freunde. Ein alter Judenhass bricht explosionsartig heraus, der vermutlich unterschwellig immer da gewesen ist. Noch vor Kurzem waren die meisten Schweizer Juden davon überzeugt, dass ihre Integration in die Gesellschaft Vorbildcharakter habe. „Uns geht es gut hier“, lautete der Tenor, „Antisemitismus gibt es hier kaum“. Sie wurden eines Besseren belehrt. „Wir müssen die Juden ausrotten“, hieß es auf einer Facebook-Seite, die für eine Kundgebung in Zürich mobil machte. „Nur ein toter Jude ist ein guter Jude“ schrieb ein anderer User. Weiter wurde angeregt, einen anderen Marschweg als den für die von der Zürcher Stadtverwaltung genehmigte pro-palästinensische Demonstration zu nehmen und die Kundgebung ins Judenviertel zu verlegen. Dort könne man dann den „Scheißjuden“, und Israelsymphatisanten „die Fresse polieren“. Ein anderer will „jeden Zionisten im Judenviertel steinigen“. „Demo für Palästina in der Schweiz“ hieß die Plattform, in der sich die Hetze ausbreitete. Schon in der ersten Woche hatte die Facebook-Gruppe 7.000 Mitglieder. Zwar wurde immer wieder zur Mäßigung in den Diskussionen aufgerufen, doch lief manches aus dem Ruder. Einige zeigten deutlich ihre judenfeindliche Haltung. Der Schweizer Israelitische Gemeindebund ist entsetzt. „Der Hass hat eine Dimension angenommen, die ich so noch nie erlebt habe“, sagt SIG-Generalsekretär Dr. Jonathan Kreutner alarmiert. Andererseits gab es dagegen viele Sympathiebekundungen von Nichtjuden für die Schweizer Juden und die Polizei sorgte dafür, dass die Demonstration in Zürich ihren vorgesehenen Weg nahm und es keine Zwischenfälle gab.

 

Hetze gegen Juden Gemeinsame Proteste von Muslimen, Neonazis und Linken

Auffallend bei allen Demonstrationen ist die große Anzahl von gewaltbereiten Muslimen. In Frankreich – dort gibt es die größte muslimische Gemeinde Europas - wurde in Aulnay-sous-Bois eine Brandbombe auf eine Synagoge geschleudert. In Paris drangen Judenhasser in das G'tteshaus in der Rue de la Roquette ein und verletzten mehrere Juden, einen sogar schwer. Auf dem Place de la Bastille lieferten sich pro-palästinensische Demonstranten mit den französischen Ordnungshütern heftige Straßenkämpfe. „Tod den Juden“ brüllend, schleuderten die hasserfüllte Islamisten und ihr Anhang Steine und Flaschen und die Polizei setzte Tränengas ein. In Nordirland wurden in der Hauptstadt Belfast die Fenster der Synagoge der „Hebrew Congregation“ gleich zweimal nacheinander eingeschlagen.

 

In der Türkei wurde der Oberrabbiner aufgefordert, sich für Israels Aktionen in Gaza zu entschuldigen. Dass auch Juden, die ihren Lebensmittelpunkt nicht in Israel haben, für die Politik Israels verantwortlich gemacht werden, ist kein Einzelfall. Hand in Hand demonstrierten in Frankfurt Araber und Türken. Auch an einigen Fahrzeugen wehten türkische und palästinensische Flaggen nebeneinander als Symbol ihrer engen Verbundenheit. Präsident Erdogans Anstrengung, in der arabischen Welt Einfluss über den Islam und seine Hetzreden gegen Israel zu gewinnen, scheint aufzugehen. In Frankfurt am Main marschierten türkische und andere muslimische Immigranten gemeinsamem mit Anhängern der Studentenorganisation der „Linke.SDS“ und Neonazis der Gruppe „Nationale Sozialisten Rhein-Main“ über die Einkaufsstraße „Zeil“, um gegen Israels militärisches Vorgehen im Gazastreifen zu demonstrieren. Die begleitende Polizei war maßlos überfordert. Sie hatte 300 Demonstranten erwartet, gekommen waren 2500. Nun galt es für sie die Läden zu beschützen. Die Eskalation begann, als Demonstranten eine Polizeikette durchbrechen wollten. Ordnungshüter setzten Pfefferspray und Schlagstöcke ein, junge Männer warfen mit Steinen zurück. Im Glauben, jemanden gefunden zu haben, der deeskalierend auf die Demonstranten einwirken würde, ließ die Polizei einen Demonstranten an den Lautsprecher eines Polizeiwagens. „Israel Kindermörder“ rief dieser erst in Arabisch, dann in Deutsch ins Mikrophon und der Mob grölte begeistert mit: „Kindermörder, Kindermörder“.

 

Wo bleibt der gesellschaftliche Aufschrei? Polizeipräsident entschuldigt sich – „Einen Fehler gemacht“

Noch am gleichen Abend telefonierte Frankfurts Polizeipräsident Achim Thiel mit dem Präsidenten des Zentralrates der Juden in Deutschland Dr. Dieter Graumann und entschuldigte sich. Eine zweite Demonstration verlief weniger dramatisch. Die Polizei sorgte auch dafür, dass diese nicht, wie vorgesehen, im Viertel rund um die Synagoge endet, sondern vor der Oper. Israel muss sich wehren dürfen, wenn Hamas-Aktivisten jüdische Kinder ermorden und Raketen auf jüdische Territorien abschießen. Der Krieg in Gaza ist ein Krieg gegen eine Terrororganisation. Dass es dabei auch unschuldige zivile Opfer gibt, ist zu beklagen. Doch unternehmen diese nichts dagegen, wenn die Hamas sie als menschliche Schutzschilde missbraucht und Raketenabschussrampen auf den Dächern ihrer Wohnhäuser errichtet. Jeder Tote ist ein Toter zu viel, egal auf welcher Seite. Die Hamas, die als militärischer Arm der Muslimbrüder gegründet wurde und inzwischen weltweit operiert, will nicht nur den Staat Israel zerstören, sondern Juden auf der ganzen Welt vernichten und darüber hinaus alle demokratischen Staatsgebilde, in denen Gleichberechtigung, Freiheit und Toleranz verwirklicht wurden. Einstehen für Israel bedeutet auch Verteidigung der westlichen Werte. Unbegreiflich, dass unter dem Deckmantel der „Demonstrationsfreiheit und Recht auf freie Meinungsäußerung“ nicht nur die Polizei, sondern auch Politiker ruhig zusehen, wenn Demonstranten in Berlin „Scheiß Juden, wir kriegen euch“ und „Wir bringen euch um“ oder wie in Gelsenkirchen „Hamas, Hamas, Juden ins Gas“ brüllen. Wo bleibt der gesellschaftliche Aufschrei? In Berlin betete Scheich Abu Bilal Ismail öffentlich in der Al-Nur-Moschee zu Allah „keinen einzigen Juden zu verschonen“ sowie „lasse sie schrecklich leiden und töte sie bis zur letzten Person“. Es sind Aufrufe von islamischen „Gelehrten“ solcher Art, die ihre Anhänger zu Gewalttaten anstacheln. In Hannover wurde bereits ein Mann krankenhausreif geschlagen, weil er eine Israelfahne trug und in Berlin jüdische Menschen mit Schlägen attackiert.

 

Zwei miteinander konkurrierende jüdische Dachorganisationen

Während pro-palästinensische Veranstaltungen tausende Demonstranten aktivieren, Palästinenser, Türken, Iraker, Syrer und Deutsche, fällt die geringe Anzahl von Demonstranten auf, die für Israel einstehen. Viele Juden haben bereits Angst und trauen sich nicht auf solche Versammlungen. Doch sind Demonstrationen dieser Art eigentlich keine rein jüdischen Veranstaltungen. Jetzt erkennt man die wahren Freunde. Sie kommen aus den unterschiedlichsten Schichten der Bevölkerung. Evangelische Marienschwestern, Mitglieder der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Ärzte und Krankenschwestern, Mitarbeiter von Kanzleien und Rechtsanwälte, Studenten und Professoren, rüstige Rentner und engagierte Jugendliche. Von der Tribüne vor der Alten Oper bekräftigen der hessische Minister Boris Rhein, Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann und Stadtkämmerer Uwe Becker ihre unumstößliche Solidarität für Israel. „Wir werden unsere jüdische Minderheiten schützen“ sagt OB Feldmann von der SPD und Minister Boris Rhein von der CDU erklärte: „Für Antisemitismus gibt es in Hessen keinen Platz.“ Es sind Worte, die Mut machen.

 

Mit den pro-palästinensischen Demonstrationen und den judenfeindlichen Slogans beginnen Judenhasser jetzt auch wieder mit Aktionen, die rein gar nichts mit Israel zu tun haben. In Frankfurt wurde auf einer Straße mit Farbe das Wort „Jude“ gesprayt. Hier betreibt ein jüdischer Geschäftsmann ein Restaurant. Tagelang blieb die Schmiererei bestehen, achtlos gingen Passanten vorüber. Niemand störte sich an der Stigmatisierung, die an die NS-Zeit erinnert. „Antisemitismus darf nicht verschwiegen, sondern muss thematisiert und entschlossen bekämpft werden“, fordert Zentralratspräsident Dr. Dieter Graumann, „viel zu leichtfertig wird es den schamlosen Judenhassern möglich gemacht, ihre Volksverhetzung offen zu propagieren“. Das „American Jewish Committee Berlin“ erstattete inzwischen bei der Polizei Anzeige wegen Beleidigung und Aufforderung zum Rassenhass im Zuge der pro-palästinensischen Demonstrationen. Auch ermittelt jetzt die Berliner Staatsanwaltschaft gegen Hassprediger Ismail und prüft, ob seine Entgleisungen den Tatbestand der Volksverhetzung erreichen und damit strafbar sind. In Mainz erstattete Johannes Gerster Anzeige wegen judenfeindlicher Parolen auf der dortigen Pro-Palästina Demo, dies taten auch andere, jedoch wenige mutige Bürger in weiteren Städten.

 

„Mit allen Mitteln des Rechtsstaats“ – Deutschland, Frankreich und Italien wollen antisemitisch geprägte Ausschreitungen ahnden

 Jüdische Menschen in ganz Europa fragen sich, ob sie bleiben oder gehen sollen. Doch die Alija darf nicht zur alleinigen Lösung werden. „Lassen wir uns nicht beirren und entmutigen“, plädiert der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland und wünscht sich vor allem: „Mehr Solidarität aus der deutschen, nichtjüdischen Gesellschaft“. In Frankreich verbot Präsident Hollande rigoros pro-palästinensische Demonstrationen, um dem Antisemitismus auf den Straßen Einhalt zu gebieten. „Wir werden gemeinsam und in unseren Ländern alles dafür tun, dass alle unsere Mitbürger weiter unbehelligt von antisemitischen Anfeindungen in Ruhe und Sicherheit leben können“, erklärten die Außenminister von Deutschland, Walter Steinmeier, Laurent Fabius von Frankreich und Federica Mogherini von Italien zusammen. „Antisemitische Hetze und Anfeindungen gegen Juden, Angriffe auf Menschen jüdischen Glaubens und Synagogen haben in unserer Gesellschaft keinen Platz“. Die Demonstrationsfreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung bleibt respektiert, doch gegen Taten und Äußerungen, die die Grenze zum Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit überschreiten, soll in Europa sowie in Deutschland ab sofort, wie Steinmeier betont „mit allen Mitteln des Rechtsstaats“ vorgegangen werden.

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