Deutschland steht gerade in diesen schwierigen Zeiten an der Seite Israels, betont der bundesdeutsche Außenminister Dr. Guido Westerwelle mit Blick auf die aktuellen Krisenherde in der Region. Und so war Israel auch die erste Station seiner jüngsten Reise in den Nahen Osten.
Herr Dr. Westerwelle, wie schätzen Sie die gegenwärtigen Beziehungen Deutschlands zu Israel ein? Welche wirtschaftlichen und kulturellen Gemeinsamkeiten gibt es, werden diese weiter ausgebaut?
Wir haben in den deutsch-israelischen Beziehungen heute eine einzigartige Dichte und Intensität erreicht. Das gilt politisch, wirtschaftlich und menschlich. Politisch sind wir Israel als der einzigen bewährten Demokratie im Nahen Osten eng verbunden. Deutsche Unternehmer lassen immer häufiger am High-Tech-Standort Israel forschen. Viele israelische Künstler haben sich in Berlin niedergelassen und kommen bereichert durch persönliche Erfahrungen und oft auch durch neue Freundschaften zurück nach Israel. Das alles gibt unseren Beziehungen ein starkes gemeinsames Fundament, das wir weiter ausbauen wollen. Großes Potential sehe ich vor allem in der weiteren Intensivierung des wissenschaftlichen Austausches. Hier haben unsere beiden Länder als Standorte von High-Tech-Forschung viel zu gewinnen
Steht Deutschland in schwierigen Zeiten an der Seite Israels und werden die beiden Staaten auch weiterhin politisch zusammen arbeiten?
Deutschland ist sich seiner historischen Verantwortung für Israel bewusst. Ausdruck dieser Verantwortung ist unsere enge Zusammenarbeit in vielen Bereichen, die Israels Sicherheit betreffen. Auch international treten wir für Israels Sicherheitsinteressen ein. Es war mir ein persönliches Anliegen, während des Raketenbeschusses aus Gaza im vergangenen Jahr Israel zu besuchen und auch in Gesprächen in der Region mit Israelis, Palästinensern und Ägyptern nach Wegen aus der Krise zu suchen. Auch unser intensives Engagement zur Lösung des Atomkonflikts mit Iran ist Ausdruck unserer besonderen Sorge um Israels Sicherheit. Unsere israelischen Partner wissen, dass sie auf Deutschland setzen können.
Wird Deutschland dafür plädieren, dass die EU die Hisbollah auf die Liste der internationalen Terrororganisationen setzt?
Die Bundesregierung hat nach dem schrecklichen Terroranschlag von Burgas im letzten Sommer unmittelbar klar ge-stellt, dass ernste Konsequenzen folgen werden, falls die Hisbollah in den An-schlag verwickelt ist. Seitdem haben wir intensive Beratungen innerhalb der EU und mit unseren israelischen Partnern geführt. Im Lichte dieser Beratungen setzen wir uns dafür ein, dass mindestens der militärische Arm der Hisbollah als Terrororganisation durch die EU gelistet wird. Wir hoffen, dass die notwendigen EU-Beratungen jetzt zügig abgeschlossen werden können.
Sprechen Sie bei Ihren Auslandsbesuchen auch über politische Fehlentwicklungen, wie zum Beispiel über die wachsende, antisemitisch geprägte Jobbik-Partei in Ungarn und ähnliche Parteien, die sich unter anderem in Griechenland und anderen Staaten etablieren und versuchen, größeren Einfluss zu gewinnen?
Europa als Wertegemeinschaft ist für mich die wichtigste Säule der europäischen Einigung. Teil dieser Wertegemeinschaft ist Respekt und Weltoffenheit, aber besonders auch Toleranz vor der kulturellen und religiösen Vielfalt unserer Gesellschaften. Für Antisemitismus, sei es offener oder versteckter, darf es in Europa keinen Raum geben. Dort wo es Probleme gibt, spreche ich das gegenüber meinen Gesprächspartnern in aller Offenheit an. Meine Botschaft ist: Unsere jüdischen Mitbürger müssen in ganz Europa in Frieden und Sicherheit leben können. Israelische Touristen sollen sich überall auf unserem Kontinent willkommen fühlen. Erst wenn wir das in Europa geschafft haben, hat unsere Wertegemeinschaft ihren Test bestanden. Auch wir in Deutschland müssen weiter daran arbeiten.