Anzeige
Dr. Bertram Nickolay gilt als Vater der Rekonstruktionstechnologie.
Foto © Fraunhofer IPK/Katharina Strohmeier
Krieg und Terror töten nicht nur Menschen, sondern zielen auch auf die Zerstörung ihrer kulturellen Identitäten ab, die sich in vielfältigen Dokumenten, Kunst- und Kulturgegenständen widerspiegeln. Das Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK in Berlin entwickelt seit mehreren Jahrzehnten Technologien, die es ermöglichen, zerstörte und beschädigte Dokumente, aber auch Objekte wieder zu rekonstruieren und lesbar bzw. zugänglich zu machen. Bereits Mitte der 1990er Jahre konnten beispielsweise in einem Projekt beschädigte Transportkarten aus den Konzentrationslagern Ravensbrück und Sachsenhausen wieder lesbar gemacht werden.
Das Kernelement der Fraunhofer-Technologien heute ist der ePuzzler, eine Software, die Fragmente beliebiger Form und Ausprägung, ähnlich einem Puzzle wieder zusammensetzen kann. Der ePuzzler wird derzeit erfolgreich eingesetzt, um die beim Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln zerstörten Dokumente, darunter auch viele Zeugnisse jüdischen Lebens im Rheinland, wieder zugänglich zu machen.
Digitalisierung und virtuelle Rekonstruktion jiddischer Manuskripte und Zeitungen in Buenos Aires
Bei einem Bombenanschlag auf das Gebäude der Asociación Mutual Israelita Argentina (AMIA) in Argentinien im Juli 1994 wurden 85 Menschen getötet, 300 weitere verletzt und viele umliegende Wohnungen und Geschäfte zerstört. Auch das Archiv und die Bibliothek der Fundación IWO, Idisher Visnshaftlejer Institut – Instituto Judío de Investigaciones blieben von dem Anschlag nicht verschont. Große Teile der dort aufbewahrten einzigartigen Sammlung von Büchern in jiddischer Sprache und zahlreiche vor den Nationalsozialisten aus Europa geretteten Schriftstücke und Artefakte der jüdischen Kultur wurden in Millionen Fragmente zerrissen.
Diese historisch und kulturell wertvollen Fragmente wieder zusammenzusetzen, erschien lange Zeit als fast unlösbare Aufgabe. Doch durch die Begegnung zwischen Prof. Nestor A. Braunstein, damals Kurator des Instituto Judío de Investigaciones (IWO) und Dr. Bertram Nickolay entwickelte sich diese große Herausforderung zu einer spannenden Idee und Aufgabe für den ePuzzler. Die Umsetzung erfolgte zunächst in einer vom Auswärtigen Amt geförderten Pilotphase des Projektes „Rekonstruktion der durch den Terrorakt zerstörten jüdischen Kulturgüter des Instituto Judío de Investigaciones (IWO) Buenos Aires/Argentinien“. Ziel der Pilotphase war es, anhand einer repräsentativen Stichprobe zu untersuchen, ob und wie die beschädigten Bestände des IWO rekonstruktionstauglich digitalisiert und gesichert werden können. Außerdem sollte festgestellt werden, inwieweit Methoden der automatisierten virtuellen Rekonstruktion dazu dienen können, die Dokumente wiederherzustellen.
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige