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Der
Ölpreis fällt – und das ist schlecht. Viel zu wenig machen sich Hausbesitzer oder Autofahrer die sich an den Tankstellen über günstige Benzin- oder Dieselpreise freuen, Gedanken über die Ursache
des freien Falls und dessen Folgen.
Einmütig wie
noch nie werfen die USA und die arabischen OPEC-Staaten vermehrt Erdgas und Erdöl auf den Markt und treiben ganz bewusst die Preise in den Keller. Ein weltweiter Ölkrieg ist voll im Gange.
Entgegen aller marktwirtschaftlichen Gesetze wird in den USA Öl und Gas durch die Frackingmethode aus dem Boden gepresst, wobei die Erlöse geringer als die Kosten der Förderung sind. Doch geht es
hierbei nicht um Gewinne, sondern um geopolitisches Kalkül. Zweifelsfrei setzt der Preisverfall dem bisherigen Energiegroßexporteur Russland zu. Dazu kommt noch ein Wirtschaftsembargo, demzufolge
die EU wie die USA die Rohstoffabnahme wegen der Ukraine-Krise reduziert haben. Momentan sieht sich die russische Notenbank gezwungen, den Rubel drastisch abzuwerten, der bereits mehr als 50
Prozent seines Wertes verloren hat. Um ihn nicht ganz dem freien Fall zu überlassen, plünderte Putin die Gold- und Devisenreserve des Landes, die bereits um 60 Mrd. Dollar schrumpfte. Die
russische Wirtschaft kommt trotzdem ins Schlingern und die Preise steigen im Inland für fast alle Produkte. Die EU-Länder, darunter auch Deutschland, drosseln drastisch die Abnahme des russischen
Erdöl und Erdgases. In Absprache mit Brüssel stoppte Bulgarien den Bau des Pilotprojektes „South Stream“, das russisches Gas nach Europa für 38 Millionen Haushalte transportieren sollte. „Das
Projekt ist vom Tisch“ verkündete bereits Gazpromchef Alexej Miller.
Doch langfristig verliert Europa. Gewinner sind China, Indien und die Türkei. In Shanghai unterschrieb Wladimir Putin ein gigantisches Gas-Lieferabkommen. Ab 2018 wird Gazprom in einer Pipeline,
die über Sibirien läuft, bis zu 38 Mrd. Kubikmeter Gas nach China liefern. „Russland wird seine Ressourcen in andere Regionen der Welt transportieren. Wir werden andere Märkte erschließen und
Europa wird diese Mengen nicht erhalten – jedenfalls nicht von Russland“, verkündete Präsident Putin. Pipelines, die in die EU führen, will der staatliche Energieriese Gazprom nicht mehr bauen.
Dafür wird nun eine Gas-Pipeline durch das Schwarze Meer in die Türkei verlegt. Die Rohre und auch der bereits fertig gestellte Abschnitt waren eigentlich für South Stream vorgesehen, doch nun
wurde zur Türkei umorientiert. Auch plant Moskau nun gemeinsam mit Peking den Aufbau einer eigenen asiatischen Börse, der auch Indien angehört sowie gemeinsame Wirtschaftsprüfungs- und
Finanzunternehmen. Ob es den USA zusammen mit der EU gelingt, Russland in die Knie zu zwingen, bleibt abzuwarten.
Keine
Begrenzung der Ölförderung
Auf dem letzten OPEC-Gipfel bat der russische Energieminister Alexander Nowak die arabischen Förderländer um eine Senkung der Fördermenge. Doch Saudi-Arabien, der größte Ölexporteur und Sprecher
des Kartells, lehnte ab. Hierbei geht es nicht um Vasallentreue zur USA. Ganz im Gegenteil. Auch für die Scheichs ist der Verkauf des Rohöls zu Dumpingpreise eine politische Angelegenheit. Die
Ölschwemme reduziert auch die Gewinne des selbsternannten IS-Kalifats, dessen Haupteinnahmequelle der Verkauf der geförderten Rohölmengen aus den irakischen Gebieten ist, die sie erobert haben.
In der Bewegung „Islamischer Staat (IS)“ sehen alle ihren Feind. Saudi-Arabien fürchtet um seine ideologische Vormachtstellung innerhalb der arabisch-sunnitischen Welt. Nicht ganz zu Unrecht,
kündigte doch bereits der IS an, den Islam „zu erneuern“ und von allen westlichen Einflüssen zu befreien. Im 7. Jahrhundert hatte der Prophet Mohamed, auf dessen Spuren sich die Führung des IS
wähnt, Mekka und Medina mit seiner Streitmacht angegriffen und brachte die Hüter der islamischen Heiligtümer unter seine Gewalt. Vor dem großen Flächenbrand auf der Arabischen Halbinsel fürchten
sich auch die regierenden Scheichs und Sultane aller anderen Golfstaaten so sehr, dass sie freiwillig wirtschaftliche Einbußen im Ölgeschäft in Kauf nehmen. Alle hoffen so das IS-Kalifat
erheblich zu schwächen, damit es schließlich militärisch überwunden werden kann.
„Iran als Verbündeter im Kampf gegen den IS
Mit ins Boot genommen wird der Iran. Zwar ist Teheran allen arabischen Staaten ein Dorn im Auge. Einerseits fürchten sie um ihre hegemoniale Stellung in dieser Region, andererseits sind die
schiitischen Mullahs seit dem 8. Jahrhundert Gegner der sunnitischen Richtung des Islam, der in den arabischen Gebieten Staatsreligion ist. Doch auf Betreiben der USA, die in dieser Region
islamische Verbündete im Kampf gegen den Terrorstaat IS sucht, wurde nach anfänglichem Zögern nun auch der Iran in das Bündnis mit aufgenommen. Dieser hat großes Interesse, eine IS-freie
Pufferzone an seiner Grenze zum Irak sicherzustellen, um so die Ausbreitung der sunnitischen Richtung des Islam und damit die Bedrohung seiner Herrschaft über das iranische Volk vorzubeugen. Und
ganz nebenbei wird so auch das weltweite Embargo durchlöchert. Eine Rechnung, die aufzugehen scheint.
Das
„freundliche Gesicht des Terrors“
Plötzlich ist der Iran wieder auf die weltpolitische Bühne zurückgekehrt. Verdrängt wird die Unterstützung Teherans für Syriens Machthaber Baschar als Assad, zähneknirschend wird sie hingenommen.
Aufgelockert wird das Wirtschaftsembargo der westlichen Welt gegen den Iran, dessen Präsident Hassan Rohani versöhnlichere Töne anklingen lässt. 2014 versicherte er noch in Davos, danach zu
streben „Feindseligkeiten in Freundschaft“ umzuwandeln. In diesem Jahr reiste er allerdings nicht mehr zum Weltwirtschaftsgipfel. Zwar hat Rohani sein Land nun auch für den Tourismus geöffnet und
auch für ausländische Pilgerreisende den Weg nach Yazad zum Grab des jüdischen Gelehrten ermöglicht, doch ist dies nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Anlässlich der Münchner
Sicherheitskonferenz reiste Irans Außenminister Sarif nach Berlin und erkannte erstmals offiziell den Holocaust an, den seine Vorgänger bisher stets geleugnet hatten. Israel, betont Ruhani jedoch
nach wie vor, ist der „große zionistische Satan“ und „ein elendes Land“. Premier Netanjahu warnt die Welt, sich von dem „freundlichen Gesicht des Terrors“ nicht täuschen zu lassen. Die
Atomverhandlungen gehen nur schleppend voran. Kürzlich gab Präsident Assad bekannt, in Syrien eine Atombombe bauen zu wollen – mit Hilfe Nordkoreas und des Irans. Teheran verweist nach wie vor
auf die zivile Nutzung seines Atomprogramms. Ende Januar soll Iran nun beginnen, seine Urananreicherung zu begrenzen. Erst im März jedoch sollen Gespräche über die Rahmenbedingungen für ein
dauerhaftes Abkommen wieder aufgenommen werden. Die Verhandlungen sind bis zum 30. Juni 2015 geplant, eine lange Zeitspanne, in der noch viel passieren kann. Israel war von Anfang an gegen diese
Verlängerung. Auch viele US-Kongressmitglieder sind damit nicht einverstanden. Doch Barack Obama will keine neuen Sanktionen mehr gegen den Iran. Sollte es zu einem Votum kommen, erklärte der
Präsident, werde er sein Veto einlegen. Die Wirtschaftssanktionen gegen den Iran sind weltweit gelockert worden. Auch im Deutschen Bundestag findet ein „Iran-Roundtable“ statt, zu dem deutsche
Wirtschaftsvertreter eingeladen sind, die mit Vertretern iranischer Unternehmen über „Perspektiven“ diskutieren. Und das in einer Zeit eines Anstiegs von Menschenrechtsverletzungen im Iran,
Exekutionen von Regimegegnern und erneuten Drohungen gegen Israel.
EU
streicht Hamas von der Terrorliste
Der größte Förderer und Finanzier der Hamas war seit seiner Gründung der Iran. 2001 setzte die EU den militärischen Arm der Hamas auf die EU-Terrorliste, seit 2003 auch den politischen Teil. Doch
im Dezember 2014 nahm der Europäische Gerichtshof die radikal-islamische Hamas von der Liste der terroristischen Organisationen. Wegen eines damaligen Verfahrensfehlers, lautete die offizielle
Begründung. Jetzt hofft die Organisation, deren Ziel die Zerstörung Israels und die „Errichtung eines islamischen Staates Palästina von der Mittelmeerküste bis zum Jordan“ ist, auch die bisher
eingefrorenen Gelder von ihren Konten im Ausland abheben zu können um ihren mörderischen Terror gegen Israels Zivilbevölkerung zu verstärken. Anfangs half die Einbeziehung Irans in die
ökonomische wie militärische Allianz gegen den IS auch der Hamas aus ihrer weltweiten Isolierung heraus zu kommen. Inzwischen jedoch verselbständigte sich bereits die Beziehung verschiedener
westlicher Staaten zu dieser antisemitischen und menschenverachtenden Organisation, die während des Gaza-Krieges Menschen als lebende Schutzschilde missbrauchte, Terror gegen die eigene
Zivilbevölkerung ausübt und zur Ermordung aller Juden weltweit aufruft. So schön sinkende Preise sind, wer sich an der Tankstelle über den billigen Kraftstoff freut, sollte diese Entwicklungen
und Auswirkungen ebenfalls vor Augen haben.
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