Kann Israel mit den Palästinensern Frieden schließen? Unmöglich, meint Premierminister Benjamin
Netanjahu solange die Palästinenser Israel nicht als souveränen Staat und als Heimstätte des jüdischen Volkes anerkennen. Die Drohung der EU mit einem Embargo gegen Israels Produkte und Waren aus
den Siedlergebieten, um so Friedensverhandlungen zu erzwingen, nahm EU-Außenministerin Catherine Ashton inzwischen zwar wieder zurück, doch gibt es nach wie vor einige Staaten, die glauben,
weiterhin daran festhalten zu müssen.
Während die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sich gegen Handelsbeschränkungen für Produkte aus dem
Westjordanland ausgesprochen hat – „Boykott ist für Deutschland keine Option“ – sind es vor allem die nordeuropäischen Länder, die Embargomaßnahmen begrüßen. Ineinander verwoben sind dabei
Judenhass und Israelkritik. Es geht es nicht nur um Avocados, Zitronen, Datteln, Gurken, um Öl oder Wein. Längst schon arbeiten israelische Unternehmen mit Betrieben im umstrittenen Siedlergebiet
und in Ost-Jerusalem im High-Tech-Bereich zusammen, und zwar nicht nur mit Juden, sondern auch mit dortigen Arabern. Doch diese Entwicklung, die als Voraussetzung für eine Friedensbewegung von
unten angesehen werden könnte, wird nicht unterstützt, sondern ignoriert.
Seit März dieses Jahres ist in Dänemark das Schächten verboten und im Parlament wird über ein Gesetz diskutiert, das die Brith Mila einzuschränken versucht. Wissenschaftsaustausch zwischen Dänen
und Israelis werden boykottiert und die Danske Bank verkündete im Januar aufgrund der „Beteiligung an der Finanzierung von Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten“ ebenfalls nicht
mehr in die Bank Hapoalim zu investieren. Auch mit den Firmen „Afrika Investments Ltd.“ und „Danya Cebus“ wurde die Zusammenarbeit eingestellt.
Diese Entwicklung in Dänemark erstaunt. War doch dieses nordische Land das einzige in der Welt, in der die Bevölkerung während der NS-Besatzung sich vor den in Dänemark lebenden Juden stellte. In
einer historisch einmaligen Aktion rettete sie tausende Juden vor der Verschleppung nach Theresienstadt und bewahrte sie so vor dem sicheren Tod in den Konzentrationslagern. Die SS plante die
Deportation am frühen Morgen. Nachts zuvor organisierten dänische Helfer jedoch eine Massenflucht, brachten die Verfolgten, oft sogar unter Lebensgefahr, auf ihren Schiffen über das Meer nach
Schweden oder versteckten sie in Wohnungen und Scheunen. „Wir werden diese historische Tat nie vergessen“, dankte Shimon Peres dem dänischen Prinzen Frederik bei seinem Besuch in letzten Jahr,
als er anlässlich des 70. Jahrestages der Rettungsaktion zu einer Festveranstaltung nach Israel kam.
Dänen nehmen Bank Hapoalim aus ihrem Portfolio – Deutsche Bank boykottiert keine israelischen Unternehmen
Inzwischen hat sich das Verhältnis zu den Juden in Dänemark sehr verändert. Kürzlich machte ein Fonds, in den die Organisation „Danish National Research Foundation“ investierte, weltweit großes
Aufsehen. Für diese Forschungsorganisation hatte die Deutsche Bank einen Fonds zusammen gestellt, der auf dem „WMSCI World Index" basiert, einem der weltweit wichtigsten Aktienindizes, in dem
Wertpapiere aus verschiedenen Ländern gebündelt werden. Auch einige Unternehmen aus Israel befinden sich darunter, unter anderem die Bank Hapoalim. Diese, verlangte der Kunde „Danish National
Research Foundation“, soll die Deutsche Bank aus dem Portfolio herausnehmen. Das machte das Finanzinstitut und die israelische wie deutsche Presse schrie auf. „Die Deutsche Bank hat die
israelische Bank Hapoalim auf eine Blacklist gestellt“ wurde verbreitet. „Wir boykottieren keine israelischen Unternehmen“ betont ein Sprecher der Deutschen Bank. Nach wie vor bietet das
Finanzinstitut eine Reihe von aktiv gemanagten Fonds an, die in die Bank Hapoalim investieren. Zu Unrecht wurde die Bank angegriffen denn „die Kriterien für die Auswahl oder den Ausschluss von
einzelnen Unternehmen“, betont der Sprecher der Investmentsparte, „definiert nicht die Deutsche Bank, sondern der jeweilige Kunde.“ Dem Finanzinstitut kann man mehr Sensibilität im Erkennen der
Ursachen der Änderungen eines Fonds wünschen. Der eigentliche Urheber jedoch sitzt in Kopenhagen. Die „Danish National Research Foundation“ ist eine Forschungsgesellschaft, die sich eigentlich
nur der wissenschaftlichen Arbeit widmen sollte, jetzt aber jene Boykottmaßnahmen gegen Israels zweitgrößte Bank verlangt. Da sie zum großen Teil vom dänischen Staat unterstützt und mit großen
Summen finanziert wird, zeigt dieses Vorgehen nicht nur den neuen Antisemitismus der Bevölkerung sondern auch die politische Richtlinie des dänischen Staates. Grund für dieses Vorgehen, wird
gesagt, sei die Beteiligung und Unterstützung für Unternehmen und wissenschaftliche Einrichtungen, die auch in den Siedlungsgebieten aktiv sind, Dänemark gehört zu den Vorreitern jener Staaten,
deren Politik sich offensichtlich gegen Israel und die Juden richtet.
„Das Klima für Juden ist beschwerlich“, sagt die Präsidentin des Rates der Jüdischen Gemeinden in Schweden Lena Posner-Korosi
Wie intensiv Antisemitismus und Boykott gegen Israel miteinander verflochten ist, zeigt auch das Beispiel Schweden. Einst hatten Juden auf der Flucht vor Pogromen in Russland hier eine sichere
Heimstatt gefunden und auch während der NS-Zeit war Schweden eine Zufluchtsstätte. Doch heute existiert dort ein ziemlich offener Antisemitismus. Malmö zum Beispiel ist ein gefährliches Pflaster
geworden. 600 Juden leben heute in der 300.000 Einwohner starken Stadt. Vor drei Jahren gab es einen Sprengstoffanschlag auf das jüdische Gemeindezentrum. Glücklicherweise wurde niemand verletzt,
doch zerbrachen im Erdgeschoss die Fensterscheiben. Seitdem wird zwar das Gemeindehaus mit Kameras überwacht, jedoch nicht das Trottoir, für das die städtische Behörde zuständig ist. Zweimal
wurde die Forderung von Lena Posner-Korosi, der Präsidentin des Rates der Jüdischen Gemeinden Schwedens, abgewiesen. Nachdem im März erneut die jüdische Oberschule mit Hakenkreuzen und
antisemitische Schmierereien sowie Nazi-Symbolen verunstaltet wurde, wandte sich Posner-Korosi voller Sorge erneut an die schwedische Polizei und das Parlament. Im März dieses Jahres wurden
wieder die Scheiben eingeschlagen, diesmal mit Steinen. „Das Klima für Juden ist beschwerlich“, sagt Posner-Korosi. Jüdische Jugendliche werden auf ihrem Schulweg bespuckt und beleidigt, jüdische
Gräber immer wieder verwüstet, jüdische Läden beschmiert und Fenster eingeschlagen. Die Regierung bliebt passiv. Bei einem Kulturfestival forderte Kopenhagens Stadtverwaltung den Zionistenverband
im vergangenen Jahr auf, seinen Stand nicht mit israelischen Fahnen zu schmücken „um Probleme zu vermeiden“. Das Wiesenthal Center warnte bereits die Juden und empfahl ihnen aus Schweden
fortzuziehen. Jetzt hat sich Ronald S. Lauder, der Präsident des Jüdischen Weltkongresses direkt an schwedische Abgeordnete gewandt und sie aufgefordert, aktiv gegen die Bedrohung der
schwedischen Juden vorzugehen und die Sicherheitsvorkehrungen vor den jüdischen Einrichtungen in Stockholm zu verstärken.
Schwedens Regierung will Import von koscherem Fleisch verbieten
Wie eng Antisemitismus und Israelhass miteinander verbunden ist, zeigten auch die Ereignisse des Davis-Cup in Malmö. Zuerst wurde der Vorverkauf der Tickets immer wieder verschoben. Dann wurde
kurzerhand das Tennisspiel verlegt. Die Austragung erfolgte demonstrativ vor 4.000 leeren Zuschauerplätzen. Dieser Sportboykott galt Israel. Auf den Straßen kam es zu Ausschreitungen gegen Malmös
Juden und zu Demonstrationen gegen die Politik Israel sowie zu Rufen nach wirtschaftlichem Boykott. Der Erzbischof von Stockholm forderte im Namen der schwedischen Kirche alle Gläubigen auf,
keine Produkte aus Israel mehr zu kaufen. Der Antisemitismus ist in Schweden auf dem Vormarsch. Es ist noch gar nicht so lange her, dass in einer Zeitung behauptet wurde, israelische Soldaten
hätten Organe toter Palästinenser entnommen. Die schwedische Regierung lehnte es ab, den Artikel zu verurteilen, es gäbe doch „Meinungsfreiheit“. Jetzt ist der Antisemitismus in Schweden in eine
neue, noch härtete Phase getreten. Seit langem ist Schächten verboten. Doch nun plant die Regierung auch den Import von koscherem Fleisch zu verbieten. Die Menschenrechte schwedischer Juden
werden immer mehr ausgehöhlt.
Wie sehr Antisemitismus auch ein politisches Problem ist, zeigt der Boykott, der nicht nur Sportveranstaltungen und Wissenschaftsaustausche betrifft, Banken und israelische Waren diskreditiert.
Der Boykott hat aber auch seine lustigen Seiten. Supermärkte in Göteborg, Stockholm und Malmö wie zum Beispiel Lidl oder die schwedische Handelskette ICA verkauften trotzdem Avocados und Kaki
(Scharonfrüchte). Doch sie wiesen die Waren, die aus Israel kamen falsch aus. Das Obst würde als Früchte „aus Spanien“ etikettiert. „Ein Versehen“ behaupteten die Geschäftsführer, als dieses
herauskam.
Norwegens staatlicher Pensionsfonds trennt sich von Aktien israelischer
Bauunternehmen
Ähnliche Tendenzen sind auch in Norwegen zu beobachten. Die „Nordea Bank“ forderte jetzt die israelischen Finanzinstitute „Misrahi Tefahot Bank“ und „Bank Leumi“ auf, ihre Aktivitäten jenseits
der „grünen Linie“ neu zu überdenken. Gedroht wird, die Zusammenarbeit ebenfalls aufzukündigen.
In Norwegen gewinnen rechtsgerichtete Parteien und Gruppierungen an Einfluss. Eng ist die Zusammenarbeit mit Rechtsradikalen aus ganz Europa. Rechter, wie auch linker Antisemitismus haben
inzwischen auch in diesem nordischen Land ein judenfeindliches Klima geschaffen. Am Wirtschaftsboykott nehmen auch staatliche Unternehmen teil. So schloss sich Norwegens Finanzministerium einer
Empfehlung des „Ethik-Rates“ an und warf die israelischen Baufirmen „Danya Cebus“ und „Africa Israel“ aus dem staatlichen Pensionsfonds wegen deren „Beteiligung an dem Bau von Siedlungen in
Ost-Jerusalem“ heraus. Das weltweit tätige Unternehmen „Africa Israel und seine Tochtergesellschaften in der ganzen Welt betreiben ihre Geschäftsaktivitäten in allen Ländern, in denen sie tätig
sind, nach den dort geltenden Rechtsvorschriften“, protestierte die Firma. Noch 2009 hatte Norwegens staatlicher Pensionsfonds Aktien der „Africa Israel“ im Wert von 860.000 Euro im Portfolio,
jetzt wollen sie sich davon trennen.
Israel als Inspirationsquelle für Finnland
Doch es gibt auch gegenteilige Entwicklungen im Norden. „Israel“, erklärte der finnische Ministerpräsident Jyrki Katainen „ist unser Vorbild“. Nicht mehr in traditionellen Produkten sieht er die
Zukunft Finnlands, sondern im High-Tech-Sektor sowie in der Bio- und Gesundheitstechnologie. Auch hat Israel mit über 70 im Nasdaq gelisteten Firmen mehr als jedes andere Land der Welt, mit
Ausnahme der USA und China.
So überrascht es kaum, wenn zur Eröffnung einer neuen Börse der Bank Hapoalim in Tel Aviv auch Bob Greifeld persönlich aus den USA kam. Der Chef der „Nasdaq“, der größten elektronische Börse in
den USA, zeigte sich tief beeindruckt. Die neue israelische Börse versteht sich als Brücke zum globalen Markt, der stetig wächst, trotz aller Boykottversuche. Aufgrund dieses Anstiegs
ausländischer Direktinvestitionen und Investitionen in notierten Werten verlangen die Kunden neue Handelsmöglichkeiten, erklärte Zion Kenon, Chef der Bank Hapoalim die Notwendigkeit der neuen
Eröffnung der zusätzlichen Börse.
Embargo hat bis jetzt noch keine allzu große Auswirkung
Die Kampagne „Boykott, Divestment and Sanctions (BDS)“ hat für Israel insgesamt bis jetzt noch keine allzu große Auswirkung. Sie sind jedoch ein „lästiges Ärgernis“ sagt Premier Benjamin
Netanjahu. Zwar wird in Brüssel zur Zeit darüber diskutiert, sämtliche israelische Produkte aus den Siedlungen vom EU-Markt auszuschließen, doch gibt es auch ernsthafte Stimmen wie zum Beispiel
aus den Niederlanden oder Deutschland dagegen. „Mögliche Handelsbeschränkungen sind kontraproduktiv“ warnte Netanjahu. Sie schaden vor allem tausenden palästinensischen Arbeitern, die in diesen
Gebieten beschäftigt sind, sowie der wissenschaftlichen Zusammenarbeit jüdischer und arabischer Akademiker. Betroffen könnten vor allem jene israelischen Bildungseinrichtungen werden, die auch
Palästinensern Bildungschancen geben. Die Entwicklung einer friedlichen Koexistenz versucht die EU unbewusst zu zerstören, wenn sie aggressiv als „Friedensvermittler“ auftritt. Ihre Einseitigkeit
sabotiert die Friedensgespräche.
Europas Boykott wird sich als Bumerang erweisen. Längst schon hat Israel neue Absatzmärkte, die weiter ausgebaut werden können, vor allem in Asien, in China und Indien, sowie in den USA.
International isoliert ist der jüdische Staat nicht. Israelische Produkte sind weltweit begehrt, nicht nur in Europa.