GIUR FÜR KINDER JÜDISCHER VÄTER

ORD GEHT NEUE WEGE

Will Kindern jüdischer Väter helfen: Rabbiner Avichai Apel. Foto Rabbinat Dortmund
Will Kindern jüdischer Väter helfen: Rabbiner Avichai Apel. Foto Rabbinat Dortmund

 

Neu ist ein Angebot der "Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschlands (ORD)", das jungen Söhnen russisch-jüdischer Väter, die vorwiegend als Kontingentflüchtlinge nach Deutschland kamen, die äusserst mühseligen Vorbereitungen für ihren Giur erleichtern will. Wir sprachen mit Vorstandsmitglied Rabbiner Avichai Apel, der zugleich auch im Vorstand der Europäischen Rabbinerkonferenz sitzt, über das Engagement orthodoxer Rabbiner in Deutschland.

   

Jüdisches Europa: 

Rabbiner A. Apel:

 

In Israel gibt es jetzt Überlegungen für eine erleichterte Konversion und auch in Deutschland soll es ähnliches geben.

Ein ganz klares Nein. Einen „Giur light“ gibt es bei uns nicht. Die Kriterien für den Übertritt sind dieselben wie bisher.



Jüdisches Europa:

Rabbiner A. Apel:

 

 

Doch in Israel ist es anders.
Dort ist auch leicht, jüdisch zu leben, in der Armee und auch außerhalb der Armee. Wenn man in Israel seinen Lebensmittelpunkt hat, ist es einfach, sich nach der Halacha zu richten. Hier nicht! Wir sind nicht in Israel!
   

Jüdisches Europa:

Rabbiner A. Apel:

Nun hat die ORD ein neues Programm für Väterjuden entwickelt.

Was wir anbieten ist ein bundesweiter Kurs für Kinder jüdischer Väter im Alter von 18 bis 35 Jahre, die halachisch nicht als Juden gelten und sich auf den Weg zum Giur vorbereiten wollen. Seit Jahren kommen mehrfach junge Erwachsene aus dem Kreis der Zuwanderer zu uns, die bisher diese Möglichkeit nicht hatten. Sie identifizieren sich mit ihrem Vater und seiner Religion und wollen in ihrem weiteren Lebensweg als Juden leben. Dieser Gruppe möchten wir helfen, indem wir ihnen Kurse anbieten und auch spezielles Lernmaterial zur Verfügung stellen.


Jüdisches Europa:

Rabbiner A. Apel:

 

Arbeiten Sie mit anderen Organisationen zusammen?
Wir organisieren das mit der ZWSt zusammen. Der Zentralrat der Juden in Deutschland unterstützt uns dabei sehr.

Jüdisches Europa:

 

 

Rabbiner A. Apel:

 

 

In den Kursen werden auch Kenntnisse über jüdische Philosophie, Geschichte und anderes neben der Halacha vermittelt. 18 Monate soll die Vorbereitung dauern.
Letztendlich hängt es von jedem Einzelnen ab, wie lange alles dauert. Die Teilnahme am Seminar garantiert jedoch nicht den erfolgreichen Übertritt. Es dient jedoch der Vorbereitung darauf. Einer kann an dem Kurs teilnehmen und am Ende weiß er viel, aber lebt nicht danach. Dann hat er keine Chance Giur zu machen. Ein anderer hält den Schabbat, lebt nach der Kaschrut, praktiziert die Mizwot, hat aber noch nicht so viele Kenntnisse. Dieser wird den Giur trotzdem wohl wesentlich schneller schaffen. Erst wenn wir von der Ernsthaftigkeit der Anstrengungen jüdisch auch im Alltag zu leben, überzeugt sind, werden wir individuelle Treffen mit den Dajanim vereinbaren.

Jüdisches Europa: 

Rabbiner A. Apel:

Wie viele Rabbiner nehmen an dem Projekt teil?
Beteiligt sind alle orthodoxen Rabbiner.

Jüdisches Europa:

Rabbiner A. Apel:

 

 

 

Alle?
Jeder Kurs wird von 1-2 Rabbinern geleitet. Aber wir nehmen nur Personen auf, die in Orten leben, in denen von einem orthodoxen Rabbiner geführte Gemeinden existieren, mit einem funktionierenden Minjan am Schabbat, noch besser auch innerhalb der Woche und einer Mikwe sowie die Möglichkeit, sich koscheres Essen zu besorgen.

Jüdisches Europa:

Rabbiner A. Apel:

Weshalb beschränken Sie die Altersgruppe nur auf 18 bis 35 Jahre?
Letztendlich kommt es darauf an, dass nach dem Giur weiterhin die koschere Küche gehalten werden kann. Wenn die Mutter nichtjüdisch ist, und kein Interesse daran hat und der junge Mensch mit 15 oder 16 Jahren besteht darauf, Giur zu machen, bekommt er Probleme zu Hause und das möchten wir nicht. Wenn er 18 Jahre alt ist, kann er alleine wohnen. Und unter der Altersgruppe bis 35 Jahre gibt es viele Studenten, die noch keine Familie gegründet haben und ebenfalls noch allein leben.

Jüdisches Europa:

Rabbiner A. Apel:

Wenn sie aber nun doch schon eine Ehe eingegangen sind?
Wenn sie durch die Wahl eines nichtjüdischen Partners bereits gezeigt haben, dass es ihnen mit der Zugehörigkeit zum Judentum nicht allzu ernst ist, nehmen wir sie nicht auf.

Jüdisches Europa:

 

Rabbiner A. Apel:

 

 

 

Daneben gibt es auch Nichtjuden, die ebenfalls zum Judentum konvertieren wollen.
Wir bieten keine besondere Hilfestellung für diejenigen an, die kaum eine Verbindung mit dem Judentum haben. Sie sollen den harten Weg gehen und ihre Entscheidung mehrfach überdenken. Anders ist die Situation bei den Zuwanderern.

Jüdisches Europa:

 

Rabbiner A. Apel:

Diese haben einen jüdischen Ursprung…
...und dadurch eine Beziehung zum Judentum. Ihr Problem ist es, dass sie meist keine Möglichkeit hatten, Wissen über das Judentum zu erwerben.

Jüdisches Europa:

 

Rabbiner A. Apel:

In welcher Sprache werden die Kurse gehalten, in Deutsch oder Russisch?
Nur in Deutsch. Die meisten jungen Menschen sprechen schon ganz gut die Landessprache, viele sogar richtig perfekt.

Jüdisches Europa:

 

Rabbiner A. Apel:

 

Für die Probleme der Kinder jüdischer Väter zeigten die Rabbiner bisher wenig Interesse. Weshalb hat sich das nun geändert?
In den ersten zwanzig Jahren haben sich Gemeinden und Rabbiner vorwiegend um Zuwanderer gekümmert, die richtig jüdisch sind. Ich finde es gut, dass wir uns jetzt auch um jene jungen Menschen bemühen, die eine gespaltete Identität haben und sich einerseits jüdisch fühlen, weil sie einen jüdischen Vater haben und andererseits am Gemeindeleben nicht teilnehmen können, weil die Mutter nichtjüdisch ist. Ihnen helfen wir nun, ins Judentum zurück zu kehren.