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Kürzlich wurde die Fotoausstellung „The Last Swiss Survivors“ der Schweizer Gamaraal Foundation im bekannten Kunstzentrum „Hillyer Art Space“ in Washington D.C. Gezeigt. Eingeladen von der Schweizer Botschaft in den USA hielt Stuart Eizenstat anlässlich der Ausstellungseröffnung eine beeindruckende Rede. „Jüdisches Europa“ veröffentlicht einige Auszüge daraus.
Angeregt durch einen Artikel, der 1995 im „Wall Street Journal“ erschien, begann Stuart Eizenstat sich intensiv mit der Existenz Schweizer Bankkonten zu befassen, die verfolgten und ermordeten Juden gehörten. Im Glauben, dass ihr Eigentum in der neutralen Schweiz vor dem Zugriff der Nazis sicher sei, legten sie ihr Kapital dort an.
Mitte der 90er Jahre traf sich dann Stuart Eizenstat in Basel mit Vertretern der „Schweizerischen Bankiervereinigung SBVg“, dem Dachverband der schweizerischen Banken und Kreditinstitute, dem über 300 Mitgliedsinstitute angehören. Damals, erinnert er sich, gaben sie nach anfänglichen Abstreiten zum ersten Mal die Existenz solcher Konten öffentlich zu, die Eigentum von Schoa-Opfern oder ihren Erben waren.
„Was als Untersuchung der Bankkonten begonnen hatte“, erinnerte Eizenstat in seiner Rede, „weitete sich zur Untersuchung der Rolle der Schweiz als neutraler Staat während des Zweiten Weltkriegs aus. Anwälte, die auf sogenannte Class-Action-Fälle spezialisiert waren, brachten Klagen gegen Schweizer Privatbanken in den USA vor Gericht. Edgar Bronfman Jr. und Israel Singer vom Jüdischen Weltkongress mischten sich ein und richteten emotionale Klagen an die Adresse der Schweizer Banken. Sie erklärten der Schweiz sozusagen den Krieg.“ Nun wurde Diplomat Eizenstat mit Verhandlungen beauftragt. Es kam zu einem Vergleich in der „unglaublichen Höhe von 1,25 Milliarden Dollar.“ Es gelang ihm, auf die historische Freundschaft zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten aufbauend, die „Spannungen zwischen der jüdischen Gemeinschaft und der Schweizer Regierung“ zu reduzieren. „Ich koordinierte auch, zusammen mit William Slany, Historiker im Außendepartement, einen kontroversen Bericht mehrerer involvierter Amtsstellen über die Rolle der Schweiz während des Zweiten Weltkriegs. Der legte sein Gewicht weniger auf die Privatbanken, als auf die Schweizerische Nationalbank. Es ging dabei um die Entgegennahme von Goldbarren, die die Nazis in den besetzten Ländern geplündert hatten, und möglicherweise auch um Gold, das konfisziert worden war, inklusive jenes Goldes, das aus den Zahnfüllungen der ermordeten Juden stammte.“
Dieser Eizenstat-Slany-Report und auch der Bericht von Prof. Jean-Francois Bergier, der eine unabhängige, vom Schweizer Parlament einberufene Kommission leitete, führten zu einer intensiveren Beschäftigung der Schweizer Historiker, der Schweizer Öffentlichkeit wie auch der Regierung über die Zeit zwischen 1933 bis 1945. „Die Schweiz, an deren Grenze die NS-Armee stationiert war, die jederzeit einmarschieren konnte, war wesentlich stärker bedroht, als die Vereinigten Staaten von Amerika“, betonte Eizenstat in seiner Rede. „Trotzdem bot sie 20.000 jüdischen Flüchtlingen Zuflucht, obwohl, wie es diese Ausstellung von Anita Winter zeigt, sie 1939 ihre Grenzen dicht machte und Tausende zurückwies. 20.000 sind eine deutlich größere Zahl von Aufgenommenen pro Kopf der Bevölkerung als in den USA. Die amerikanischen Zahlen sind ungenügend, da unser Land unüberwindbare Hürden errichtete, statt die europäischen Juden zu retten, selbst als wir mit Nazi-Deutschland noch nicht im Krieg waren und da überdies keine Gefahr einer Invasion bestand.“ Eizenstat, der amerikanischer Botschafter bei der EU und stellvertretender Finanzminister der USA war, blickt mit Respekt auf das Alpenland. „Ich war noch nie so stolz auf die Schweiz und darauf, ein Freund und Unterstützer dieses großartigen Landes zu sein.“
Kamen zur Ausstellungseröffnung: Der ehemalige US Botschafter a. D. Eric und Suzi Levine; Botschafter a. D. Stuart Eizenstat; Nationalrätin Christa Markwalder und Präsidentin des parlamentarischen Vereins Schweiz-USA; Anita Winter, Präsidentin Gamaraal Foundation; Martin Dahinden, Schweizer Botschafter in den USA; Minister Dr. rer. Simon Geissbühler. Foto: privat
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